Freitag, 6. April 2018

Thymektomie

Da ich diese Erfahrung nie vergessen werde aber der schlimmste Teil davon jetzt schon in weite Ferne rückt möchte ich diesen Weg, der für mich so unerklimmbar erschien niederschreiben. Um mich für alle Zeit daran Erinnern zu können, was für einen Mut ich fähig war aufzubringen. Welche Kraft in dem Körper steckt und das wir alles schaffen können, wenn wir es uns Wünschen. Wenn wir die richtige Unterstützung haben. Wenn wir bereit sind, die nächste Tür zu öffnen.


Am 28.03.2018 war Einweisungstag in die Uniklinik Köln. Die Tage davor funktionierte ich wie eine Maschine. Wollte bloß keine Zeit zum nachdenken haben. Die Entscheidung war gefallen und es fühlte sich richtig an, wie sich schon lange keine Entscheidung mehr angefühlt hatte.


Ich bezog nach einigen Vorgesprächen mein Zimmer auf Station und bekam durch meine Bettnachbarin das erste mal mit, was Herzoperation bedeutet. Natürlich erwartete mich keine Herzop aber immerhin stand mir ein Thoraxchirugischer Eingriff am Herzbeutel bevor und während der OP hätte es immer noch sein können, dass Sie mir das Brustbein durchtrennen müssen. Mir wird Übel wenn ich nur an diese Option denke.


Die Oma in meinem Zimmer tat mir so leid. In der Nacht hatte sie mehrfach Erstickungsanfälle, die ich nicht einordnen konnte. Ich musste zweimal für Sie die Notklingel drücken und versuchte das geschehen der Pflegepersonen auszublenden. Ich musste Fit sein für meine OP am nächsten Tag. Ich fühlte mich wie ein Sportler, der sich Mental auf den großen Tag vorbereiten musste. Nichts anderes hatte Raum und Platz. Außer mein Freund die Angst.


Am Tag der OP zog sich für mich alles ins unerträgliche. Ich war erst gegen 9:30 dran. Ich konnte nicht mehr denken und nicht mehr richtig sprechen. Ich weiß auch jetzt schon nicht mehr genau was an dem Tag vorher passierte. Irgendwann kam die Schwester, brachte mir mein Krankenhaus Hemdchen und sagte mir das ich alles ausziehen muss. Ich bekam eine Beruhigungstablette, die überhaupt nicht gewirkt hat.


Als ich abeholt wurde, dachte ich nur noch: SCHEIßE !!! VERDAMMTE SCHEIßE!!!


Ich wurde in meinem Bett in den OP Bereich gefahren. Am Eingang waren schon die Kittel-Hauben Menschen in Grün.


Als ich ankam musste ich das Bett wechseln, ein schmales hartes Bett. Eine vorgewärmte Decke wurde mir übergelegt. Ich bekam auch eine schicke grüne Haube. Musste das Hemdchen ausziehen und war nackt und hilflos. So fühlt man sich.


Einer der Anästhesisten stellte noch ein paar Fragen und dann ging es los Richtung Einleitungsraum. Hier verzögerte sich alles noch etwas, da dass Licht ausgefallen war. Alle waren so nett, lustig und einfühlsam. Aber dennoch war ich am Zittern und konnte kaum sprechen.


Ich wusste sobald ich das Narkosemittel bekam, werde ich erst aufwachen wenn alles vorbei ist. Auf den Moment wartete ich. Das Team der Anästhesisten wurde immer größer und es kam immer eine neue Person die lustig und Zucker war hinzu. Sie plauderten und versuchten mir die Angst zu nehmen. Weitestgehend haben Sie es geschafft, denn als das Narkosemittel gespritzt wurde habe ich losgelassen. Ihnen vertraut. Und dann schlief ich ein.


Als ich wieder wach wurde lag ich auf der Intensivstation. Davor hatte ich vorher die größte Angst, dass es mich in meinem Trauma an Matheo triggert. Zurück in die Intensivstation Tage. mit meinem Sohn. Den Piependen Geräten.

Dem war aber gar nicht so. Denn durch Ostern war es dort sehr leer. Wir waren nur zu dritt oder viert als Patienten. Zurückblickend empfand ich es wie in einem Zuckerwatteland. Alle waren so nett und kümmerten sich so lieb um einen. Besonders in Erinnerung ist mir meine Schmerzfee Fabienne geblieben. Warum weiß ich nicht, denn viel hab ich da unten nicht mit bekommen. Es war wie ein Rausch, völlig nebelig und unbeschwert.


Ich weiß noch , dass der Chirug zu mir kam und sagte, dass alles gut verlaufen sei. In dem Moment war ich nur Happy. Denn Schmerzen spürte ich noch nicht.


Sobald ich Schmerzen hatte sollte ich klingeln mit dem Knopf der in meiner Hand lag. Beduselt bekam ich immer das Lachen und gebrummel der Gespräche der Mitarbeiter mit. Das war sehr beruhigend, so wusste ich, dass ich nicht alleine bin. Ich fühlte mich ein bisschen wie eine Made im Bienenstock. Unfähig sich zu bewegen aber bestens versorgt und fast glücklich.


Am Tag nach der OP sollte ich dann auf Normalstation verlegt werden. Ich wurde gewaschen und musste das Bett wechseln. Da wurde mir das erste mal furchtbar übel und schwindelig. Ich konnte nichts alleine machen. Ich wurde von dem "der dich richtig zudröhnt" weg gebeamt. BEAM ME UP SCOTTY... heißt er bei mir. Denn er verpasste dort die krassen Dröhnungen. Das war auch etwas zu viel.... ich sah aus wie nach ner harten Drogen Nacht.


Letzten Endes aber OK, denn ich sollte ein paar Stunden und Tage später merken wie sich das alles ohne die Dröhnung anfühlt.


Von den ersten 1-2 Tagen weiß ich nicht viel. Ich hatte Besuch und war danach nur sowas von erschöpft, dass ich nur schlafen wollte. Ich hatte furchtbaren Husten durch die Intubation und sprechen viel mir unglaublich schwer.


Auf der Intensivstation wurde mir noch erklärt, dass währen der OP ein Lungenflügel kollabiert werden muss damit operiert werden kann. Zudem saß die Wund Drainage 3 oder 4 Tage auf der Lunge, zumindest fühlte sich das so an. Die Lunge funktionierte natürlich nach der OP noch nicht wieder 100% und alles war ein Kraftakt. Essen war so anstrengend wie ein Marathon. Jede kleine Bewegung schmerzte. Die Hustenanfälle killten mich. Ich bekam keine Luft und in folge dessen eine Panikattacke. Ich drückte gefühlte 100x den Not Knopf. Husten schmerzte so sehr im Brustkorb, dass ich glaubte mein Brustkorb zerreißt in tausend Stücke. Als reißt mich jemand von Innen auf. Als geht gleich alles Fliegen. Dazu das Gefühl ein Elefant steht auf meinem Brustkorb. Atmen war schwer. Weinen unmöglich, wenn jede Erschütterung im Brustkorb die Hölle auf Erden bedeutete. Also schrie ich mich selbst an innerlich:

"DU HEULST JETZT NICHT, ODER WILLST DU DEN SCHMERZ ERTRAGEN?"



Das Schlimme war, ich sollte und musste Husten denn das musste  wohl alles raus. Wie witzig ihr seid, habe ich mir nur gedacht. Hustet bitte mal selbst mit den Schmerzen. 

Tief einatmen war ebenfalls sehr schmerzhaft. Solch starke Schmerzen waren mir bis zu diesem Tag unbekannt. Unglaublich was der Körper alles aushalten kann und wie schnell der Verstand auf Überleben polt. Egal wie schlimm, man schafft das. Der Mensch ist ein Anpassungstier.

Als die Pflegerinnen wollten, dass ich am Tag 2 postoperativ aufstehe, dachte ich die verarschen mich. Mit dem ganzen Zeug in und an mir, wie soll das gehen. Als ich stand, dachte ich wieder ich muss gleich umkippen und sterben. Ich wollte weinen aber auch das ging wegen den Schmerzen nicht. Also habe ich das gemacht was Sie wollten. Ab in den Wiegestuhl, waschen, umziehen, Blasen Katheter ziehen - OK auch das, laufen, atmen ... einfach versuchen zu atmen.

In den folgenden Tagen lernte ich, wie ich alles Festhalten musste, damit ich einigermaßen Husten oder Atmen konnte. Toilette nur wenn es garnicht anders ging. Laufen mit der Drainage war, als laufe man mit einer Eisenstange über der Lunge. Laufen und Atmen gleichzeitig und dabei noch deine drei Trümmer Geräte und Kabel mitschleppen... Die sind doch verrückt habe ich mehr wie einmal gedacht. 

Ich stand mehr wie einmal zitternd im Bad und wartete bis ich wieder abgeholt wurde zurück zum Bett. Mit dem witzigen Versuch mit der Drianage zu atmen und zu stehen. Ich wollte mir nicht vorstellen wie lange das so anhalten würde. Allein ein paar Minuten waren schlimm.

Ich bin immer noch erstaunt was der Körper alles aushalten kann. Der will einfach weitermachen. Unglaublich... für mich wirklich unglaublich.

Die Schmerzen hielten sich durch die starken Medikamente gut unter Kontrolle. SOLANGE ich nicht Husten musste. Ich bekam regelrecht Panik sobald ich merkte der Husten kommt. 

Die Tage und Nächte vergingen. Ich wartete jeden morgen um fünf Uhr sehnsüchtig auf die Box mit den Schmerztabletten. Nahm die Tabletten und schlief wieder bis das Frühstück kommt. Dann schlief ich wieder. Nahm wieder die Tabletten, versuchte Mittag zu Essen, schlief usw.

Am Anfang bekam ich nur Ibu´s soweit ich mich Erinnere. In der 1. oder 2. Nacht habe ich bestimmt fünf mal geklingelt vor Schmerzen, bis der Arzt dann für den Folgetag die Tabletten änderte. Damit ging es tausendfach besser. Aber die Tage waren Rauschhaft.

In der dritten Nacht habe ich gedacht ich verbrenne innerlich in der Brust. Es fühlte sich an wie eine riesige Feuerparty. Vielleicht wurde ich jetzt zum Vampir. Und am Ende steht Eduard Cullen an meinem Bettende und holt mich ab. *Kleiner Scherz am Rande*

Am nächsten Tag war das alles vorbei. Und ein neuer Schmerz kam. 

Sehr verstörend, wie sich täglich die Art der Schmerzen änderte. Ich Erinnere mich noch an ein Gefühl als zünde einer ein Streichholz in meiner Brust an. Wie ein langer Streifen der plötzlich brannte.

Ich fieberte unglaublich auf den Tag hin, an dem die Wund Drainage gezogen werden durfte. Ich dachte, so schlimm wie mit kann der Schmerz vom rausziehen gar nicht sein. Das ziehen der Drainage war sehr unangenehm. Dadurch das ich dabei die Luft anhalten musste, ging es aber. Luft anhalten damit keine Luft durch das Riesen Loch in meinen Körper kommt. Das wäre sehr schlecht, sagte mir der Arzt. Durch diese Ansage bist du automatisch so darauf konzentriert, die Luft anzuhalten und so perfekt wie möglich mit zu machen, dass du auf den Schmerz gar nicht achten kannst. Und dann war es schon vorbei.

Ich traute mich langsam etwas tiefer einzuatmen. Und dennoch war ich von dieser kleinen Sache vollends erschöpft. Es war ein so befreiendes Gefühl keinen Fremdkörper mehr im Brustkorb zu haben der dir alles zerdrückt und dich beim atmen massiv einschränkt. Ich war fast happy, ich hatte wieder einen Teil von dieser ganzen Sache überstanden. Trotzdem waren die Schmerzen noch stark. Ich hoffe ich werde in meinem Leben danach nie wieder solche Schmerzen spüren müssen.

Die Medikamente sorgten für einen währenden Rauschartigen Aufenthalt. Nur so konnte ich das ganze irgendwie ertragen. Nur so konnte ich die Schmerzen ertragen. 

An den restlichen Tagen meines Aufenthalts machte mir meine Lunge noch schwer zu schaffen. Ich hatte so ein süßes Gerät namens Triflo mit dem ich täglich tiefes einatmen üben musste. Allein diese Übungen waren so anstrengend, dass ich danach erschöpft einschlief und dachte meine Lunge sei für immer kaputt.

Das ist natürlich quatsch.... mit jedem Tag wurde es ein kleines bisschen besser.

Was mich emotional und psychisch nochmal zurückgeworfen hatte, war am Ostermontag als meine neue Zimmernachbarin (Nachbarin Nummer 3), fit wie ein Turnschuh nach ihrer schweren Herz OP, ganze 4 Leute zu Besuch hatte in einem 20 m2 Zimmer, die fast brüllten um sich zu unterhalten und das ganze 6 Stunden ging. Meine Mama war zu dem Zeitpunkt zu Besuch und selbst sie empfand diesen lauten, sehr langen Besuch als unpassend. Es war immerhin ein Krankenhaus und kein Irish Pub. Ich habe tagsüber immer sehr viel geschlafen und durch den penetranten und aufdringlichen Besuch im Zimmer ging garnix. Ich war ausgelaugt, müde, weinerlich, erschöpft und überfordert.

Am Abend bin ich dann dezent explodiert, nachdem meine Zimmernachbarin auch noch zwei Telefonate in Theater Lautstärke führte und Ihrer Gesprächspartnerin erzählte wie Ihr auf der Intensivstation das Blut um die Ohren spritzte. What the F... is your problem?!?

Ich fiel ihr in das Gespräch und musste dabei fast grölen damit ich sie übertöne, dass Sie doch bitte raus gehen sollte zum Telefonieren wenn Sie so fit wie ein Turnschuh ist nach Ihrer Op und den ganzen Tag labern kann wie ein Wasserfall. Ich schaffte keine ganzen Sätze und die schnatterte seit 8 Stunden wie ein Pausenclown vor sich her. Ich wusste, dass Sie noch nicht aufstehe und laufen konnte, zumindest behauptete Sie das. Wer jedoch so labern kann, der kann auch raus gehen und mich nach 7 Stunden Palaber im Zimmer in Ruhe schlafen lassen. 

Im Krankenhaus muss man Rücksicht nehmen. Ich nahm zu viel Rücksicht und Sie gar keine. Sie hielt mich für ein kleines Mädchen. Ungeschminkt seh ich wohl leider aus wie 16 und nicht wie 30 und Erwachsen. Als ich  mit Ihr Diskutierte, merkte die 65jährige, Privat Patient ohne Geld für Einzelzimmer und Egoistische Oma jedoch ganz schnell, dass ich leider kein kleines Mädchen mehr bin. Hallo - Anstand unter den Rentnern ist als nicht vorhanden ja bekannt. Alter geht vor und so ein Kram, den die sich gern frech einbilden und noch unverschämter einfordern, oft sogar mit Beleidigungen. Aber Sie hat es für meinen Geduldsfaden übertrieben. Und mein Faden ist schon länger als manch anderer. 

Als ich Ihr sagte, ich habe noch nie einen so empathielosen Menschen wie Sie kennengelernt, hielt Sie die Klappe, wusste nicht mehr was Sie sagen sollte oder überlegte ab da den ganzen Abend was Empathie wohl zu bedeuten hatte.

Ich hatte zumindest erreicht was in meinem Anliegen lag. RUHE! Sie redete geschmeidige zwei Tage bis zu meiner Entlassung nicht mehr mit mir. PERFEKT!

Wir koexistierten in diesem Zimmer als sei der andere nicht da. Total albern aber es herrschte ab da Ruhe im Zimmer.

Eins muss ich noch erwähnen: Karma ist ne BITCH! und zwar richtig.

Am nächsten Tag, nach der kleinen Diskussion, ging es Ihr Hundeelend. Schnappatmung und das volle Programm. Ich habe es Ihr nicht gegönnt aber mir gedacht: Das hat man davon, wenn man hier rumturnt wie ein Turnschuh nach der Herz OP Oma.

Die letzten zwei Tage habe ich täglich gewartet bis ich entlassen werden durfte. Irgendwas brütete seit Samstag noch in meinem Körper. Ich las was von Verdacht auf Lungenentzündung. Als dann die Werte zurück gingen, dank dem Antibiotikum, durfte ich tatsächlich genau eine Woche nach Aufnahme nach Hause.

Ich hatte es tatsächlich geschafft. Ein unglaubliches Gefühl. 

Völlig benebelt und im Schneckentempo durch die Operationswunden packte ich meine Tasche. Als ich mit meiner Mutter vor dem Aufzug Richtung Parkhaus stand habe ich so geweint. Ich hatte tatsächlich am Anfang nicht gewusst wie, wann und ob ich hier raus komme. Und nun stand ich da. 

Ich möchte mich bei dem ganzen Team des Uniklinik Köln, dem Herzzentrum, der Station 3.2, dem Pflegepersonal, die dort einen unglaublich harten Job haben, dem netten Mann vom Krankentransport, der mit mir über den Buddhismus philosophiert hat auf dem Weg zum Röntgen, der Intensivstation, den Chirurgen, Anästhesisten, den Professoren, den Ärzten und den Assistenzärzten danken. Danken, dass ihr mich heile dadurch navigiert habt. 

Weiterführend werden nun meine OP Wunden und meine Blutwerte regelmäßig kontrolliert um zu schauen wie und wann die Antikörper sinken. Und wenn das passiert, darf ich irgendwann mit der Unterstützung dieser tollen Ärzte in Köln einer neuen Schwangerschaft entgegen sehen.




Ihr habt mich so glücklich gemacht. 

Ihr habt mir neue Hoffnung gegeben und neue Zuversicht.

Es ist wie ein Neuanfang. Ein neues Leben. 


Das alles Matheo, habe ich für dich getan. Ich Liebe Dich und vermisse Dich.











Donnerstag, 5. April 2018

Die große Entscheidung

8 Monate hatte ich keine Zeit mehr zu Schreiben.

Viel ist passiert im letzten Jahr, ich habe mich zurück ins Leben gekämpft mit all den Stolpersteinen die das  Leben mir bot. Es war ein furchtbar anstrengendes Jahr. Ein weiteres Jahr seit 2015, sdas mir viel Kraft und Energie abverlangt hat. 

Und auch 2018 ging es weiter. 

Nach Matheos Tod wurde in seiner Autopsie der Verdacht auf eine Autoimmunerkrankung namens Myasthenia Gravis gestellt. Nach einem Ärzte Marathon 2016 bestätigte sich diese Diagnose. 

Ich hatte und habe positive Acetylcholinrezeptor-Antikörper in meinem Blut. Diese Antikörper gehen laut den Ärzten ab der 16. Schwangerschaftswoche über die Plazenta auf das Baby und schädigen dort dessen Nerven- und muskuläres System welches sich die gesamte Schwangerschaft im Aufbau befindet.

Lange konnte ich nicht darüber Schreiben. Ich habe lange nicht geglaubt, dass es Wahr ist, da ich Symptomfrei bin bis heute. Das ich wirklich krank bin. Das mein Körper mein Baby getötet hat. Das ich krank werden kann irgendwann. Die Aussichtslosigkeit der Therapie. Die Angst die mein Leben zur Hölle gemacht hat. Die Ungewissheit. Das Unverständnis meiner Umwelt. Das nicht richtig zu hören meiner Umwelt, was da gerade alles mit mir passiert. Die Aussage der Ärzte. Die Diagnose: KEINE Schwangerschaft derzeit möglich. Der Selbsthass. Die Verzweiflung. 

2018 hatte ich die Kraft mein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Ich habe 2017 hauptsächlich damit verbracht dafür zu Sorgen, dass ich mich um mich selbst kümmere. Denn niemand anderes konnte mir mehr helfen. Ein Urlaub, ein Therapeut, Freunde, Familie, mein Hund und ich selbst mit einer total Veränderung meines Lebens haben dafür gesorgt, dass ich wieder mehr Lebe als nur Überlebe.

Mir wurde 2016 ein Tumor in der Thymusdrüse nach dem MRT diagnostiziert. Bei Myasthenie ist die Thymusdrüse überaktiv und steht im Verdacht diese Antikörper im Blut zu produzieren, die den eigenen Körper schaden.


Möglichkeit hier ist und war: Thymektomie !!!


2016 wurde mir in der Uniklinik Köln erklärt wie das funktioniert. Als ich hörte, dass mir dafür evtl. der Brustkorb geöffnet und das Brustbein durchgesägt werden muss und in Herznähe operiert wird, war ich Mental schon nicht mehr ganz dabei. Mein Gehirn schaltete augenblicklich auf PANIK und FLUCHT.

Es gibt auch noch eine andere Operative Methode per Computer und Schnitt von der Thorax Seite durch die Rippen. Aber das nahm ich gar nicht wahr. 

NIEMALS, habe ich damals gedacht. NIEMALS lasse ich mich Aufsägen in der Mitte über meinem Herzen nur um ein Kind zu bekommen.

Ich habe fast 3 Jahre damit verbracht mich zu fragen, ob ich ohne ein Kind leben könnte. Das Leben kann auch so schön sein. Aber diese tiefe Trauer und der Wunsch nach einem weiteren Baby lässt mich nicht frei. Ich bin gefangen in dem Traum, dass ich doch irgendwann eine richtige Mama sein darf. Und so arbeitete ich fleißig darauf hin, für mich selbst soweit Fürsorge zu tragen, dass ich eines Tages den Mut und die Kraft für diesen Weg aufbringe.

Es ging alles furchtbar schnell und ich bin fast dankbar dafür, denn kurzzeitig verließ mich der Mut.

Ich war im März erneut in der Uniklinik Köln nachdem mehrere Termine bei Neurologen und Ärzten scheiterten. Immer wenn etwas extrem scheitert in meinem Leben und das immer immer wieder, weiß ich der Weg den ich gerade gehe ist falsch. Also kam mir die Idee zurück zur UniklinikKöln.

Zuvor hatte ich einige Medikamentöse Anläufe hinter mir und Gespräche in der Charite in Berlin. Das Medikament zur Antikörpersenkung war nicht mein Ding. Meine Lebensqualität sank so ungemein das ich furchtbar Depressiv wurde. So blieb mir nur noch die radikale Variante: Operation.

Ich muss dazu sagen, radikal sind seit Matheo einige meiner Wege. Wenn ich alles vorher probiert habe und nicht weiter komme, dann muss ich eben den harten Weg gehen. Augen zu und durch! 

In der Uniklinik Köln hatte ich mit dem gleichen Professor wie 2016 ein Gespräch. Prof. Dr. Schröter erläuterte mir erneut, dass eine Thymektomie angebracht sei. Denn er war der erste und letzte bis heute, der mir so eindeutig wie kein anderer sagte:


"Wenn sie sich nicht Operieren lassen, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch dass sie eines Tages, nächstes Jahr, nächsten Monat an der Myasthenie erkranken. Wenn Sie sich jedoch Operieren lassen, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie NIE an der Myasthenie erkranken ebenfalls sehr hoch"


Das hatte mir bis dahin keiner so deutlich gesagt. Ich will an dieser Scheiße natürlich nicht erkranken. Ich bin 30 Jahre alt und will leben wie jede 30 jährige, die sich ihr ganzes Leben bunt und farbenfroh vorstellt. Voller Möglichkeiten.

Zwei Jahre habe ich mich gedrückt vor dieser Entscheidung und plötzlich wollte ich nur noch so schnell wie möglich, dass man mir das Ding da rausholt. 

Natürlich hatte ich Angst. Und was für eine. 

Es folgte eine Woche später die OP Besprechung im Herzzentrum Köln.

Als ich las HERZZENTRUM !!! wurde mir erst einmal wieder bewusst, was da wirklich auf mich zukommt. Die zu entfernende Drüse sitzt auf dem Herzbeutel des Herzens. *Schluck* *Panik*

Dr. Seo erklärte mir sehr ausführlich wie die Operation abläuft. Und er nahm mir einen großen Teil meiner Angst. Alles machte einen hoch professionellen Eindruck auf mich. Ich spürte, dass ich in den besten Händen bin. Das diese Menschen wissen was Sie tun und wovon Sie reden. Das ich Loslassen kann und loslassen muss.

Ich hatte 2016 einige Ärzte, Neurologen um mich die absolut keine Ahnung von Myasthenie hatten und mir Sätze um die Ohren hauten:


"Es wundert mich, dass sie bei der Höhe der Antikörper überhaupt noch laufen können".


Das die Höhe meiner Acetylcholinrezeptor-Antikörper ungewöhnlich hoch sei, habe ich in den letzten Jahren sehr oft gehört. Manche Ärzte hatten das noch nie gesehen. International gibt es wohl wenige Fälle wie bei mir, dass man Antikörper hat aber keine Symptome plus noch der Verlauf der Schwangerschaft. Es gibt nämlich sehr viele Frauen mit MG die gesunde Babys bekommen. Tja auch hier, wohl Pech gehabt.

Laut dem Arzt in der Uniklinik bekam ich jedoch eine neue Sichtweise anstatt von Pech gehabt. Er sagte mir, dass die Myasthenie sehr aktiv zu sein scheint und ich irgendwann Symptome bekommen hätte. Und das, so traurig das mit Matheo doch war, irgendwo für meine Gesundheit ein Zufall der meine Gesundheit retten kann langfristig. Sonst wäre das wohl nie aufgefallen.

Mein Baby starb in meinem Arm um mich zu retten. Traurig, hart und Schmerzhaft. Aber die neue Sichtweise hatte etwas versöhnliches nach fast 3 Jahren für mich. Nach drei Jahren Selbsthass, lernte ich die Dinge anders zu betrachten.

Nun wartete ich noch auf den Anruf der Klinik wann ich Operiert werden sollte. Als der Anruf kam, zog es mir den Boden unter den Füßen weg. Ich schrieb alles auf, damit ich nix vergaß und danach weinte ich erst einmal.

Schon in einer Woche, über Ostern sollte die OP stattfinden. Panik stieg in mir auf. Es gab kein Weg mehr zurück.

Superwoman musste dem Einteiler erneut nen neuen Anstrich verpassen um das zu überstehen.