Donnerstag, 5. April 2018

Die große Entscheidung

8 Monate hatte ich keine Zeit mehr zu Schreiben.

Viel ist passiert im letzten Jahr, ich habe mich zurück ins Leben gekämpft mit all den Stolpersteinen die das  Leben mir bot. Es war ein furchtbar anstrengendes Jahr. Ein weiteres Jahr seit 2015, sdas mir viel Kraft und Energie abverlangt hat. 

Und auch 2018 ging es weiter. 

Nach Matheos Tod wurde in seiner Autopsie der Verdacht auf eine Autoimmunerkrankung namens Myasthenia Gravis gestellt. Nach einem Ärzte Marathon 2016 bestätigte sich diese Diagnose. 

Ich hatte und habe positive Acetylcholinrezeptor-Antikörper in meinem Blut. Diese Antikörper gehen laut den Ärzten ab der 16. Schwangerschaftswoche über die Plazenta auf das Baby und schädigen dort dessen Nerven- und muskuläres System welches sich die gesamte Schwangerschaft im Aufbau befindet.

Lange konnte ich nicht darüber Schreiben. Ich habe lange nicht geglaubt, dass es Wahr ist, da ich Symptomfrei bin bis heute. Das ich wirklich krank bin. Das mein Körper mein Baby getötet hat. Das ich krank werden kann irgendwann. Die Aussichtslosigkeit der Therapie. Die Angst die mein Leben zur Hölle gemacht hat. Die Ungewissheit. Das Unverständnis meiner Umwelt. Das nicht richtig zu hören meiner Umwelt, was da gerade alles mit mir passiert. Die Aussage der Ärzte. Die Diagnose: KEINE Schwangerschaft derzeit möglich. Der Selbsthass. Die Verzweiflung. 

2018 hatte ich die Kraft mein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Ich habe 2017 hauptsächlich damit verbracht dafür zu Sorgen, dass ich mich um mich selbst kümmere. Denn niemand anderes konnte mir mehr helfen. Ein Urlaub, ein Therapeut, Freunde, Familie, mein Hund und ich selbst mit einer total Veränderung meines Lebens haben dafür gesorgt, dass ich wieder mehr Lebe als nur Überlebe.

Mir wurde 2016 ein Tumor in der Thymusdrüse nach dem MRT diagnostiziert. Bei Myasthenie ist die Thymusdrüse überaktiv und steht im Verdacht diese Antikörper im Blut zu produzieren, die den eigenen Körper schaden.


Möglichkeit hier ist und war: Thymektomie !!!


2016 wurde mir in der Uniklinik Köln erklärt wie das funktioniert. Als ich hörte, dass mir dafür evtl. der Brustkorb geöffnet und das Brustbein durchgesägt werden muss und in Herznähe operiert wird, war ich Mental schon nicht mehr ganz dabei. Mein Gehirn schaltete augenblicklich auf PANIK und FLUCHT.

Es gibt auch noch eine andere Operative Methode per Computer und Schnitt von der Thorax Seite durch die Rippen. Aber das nahm ich gar nicht wahr. 

NIEMALS, habe ich damals gedacht. NIEMALS lasse ich mich Aufsägen in der Mitte über meinem Herzen nur um ein Kind zu bekommen.

Ich habe fast 3 Jahre damit verbracht mich zu fragen, ob ich ohne ein Kind leben könnte. Das Leben kann auch so schön sein. Aber diese tiefe Trauer und der Wunsch nach einem weiteren Baby lässt mich nicht frei. Ich bin gefangen in dem Traum, dass ich doch irgendwann eine richtige Mama sein darf. Und so arbeitete ich fleißig darauf hin, für mich selbst soweit Fürsorge zu tragen, dass ich eines Tages den Mut und die Kraft für diesen Weg aufbringe.

Es ging alles furchtbar schnell und ich bin fast dankbar dafür, denn kurzzeitig verließ mich der Mut.

Ich war im März erneut in der Uniklinik Köln nachdem mehrere Termine bei Neurologen und Ärzten scheiterten. Immer wenn etwas extrem scheitert in meinem Leben und das immer immer wieder, weiß ich der Weg den ich gerade gehe ist falsch. Also kam mir die Idee zurück zur UniklinikKöln.

Zuvor hatte ich einige Medikamentöse Anläufe hinter mir und Gespräche in der Charite in Berlin. Das Medikament zur Antikörpersenkung war nicht mein Ding. Meine Lebensqualität sank so ungemein das ich furchtbar Depressiv wurde. So blieb mir nur noch die radikale Variante: Operation.

Ich muss dazu sagen, radikal sind seit Matheo einige meiner Wege. Wenn ich alles vorher probiert habe und nicht weiter komme, dann muss ich eben den harten Weg gehen. Augen zu und durch! 

In der Uniklinik Köln hatte ich mit dem gleichen Professor wie 2016 ein Gespräch. Prof. Dr. Schröter erläuterte mir erneut, dass eine Thymektomie angebracht sei. Denn er war der erste und letzte bis heute, der mir so eindeutig wie kein anderer sagte:


"Wenn sie sich nicht Operieren lassen, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch dass sie eines Tages, nächstes Jahr, nächsten Monat an der Myasthenie erkranken. Wenn Sie sich jedoch Operieren lassen, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie NIE an der Myasthenie erkranken ebenfalls sehr hoch"


Das hatte mir bis dahin keiner so deutlich gesagt. Ich will an dieser Scheiße natürlich nicht erkranken. Ich bin 30 Jahre alt und will leben wie jede 30 jährige, die sich ihr ganzes Leben bunt und farbenfroh vorstellt. Voller Möglichkeiten.

Zwei Jahre habe ich mich gedrückt vor dieser Entscheidung und plötzlich wollte ich nur noch so schnell wie möglich, dass man mir das Ding da rausholt. 

Natürlich hatte ich Angst. Und was für eine. 

Es folgte eine Woche später die OP Besprechung im Herzzentrum Köln.

Als ich las HERZZENTRUM !!! wurde mir erst einmal wieder bewusst, was da wirklich auf mich zukommt. Die zu entfernende Drüse sitzt auf dem Herzbeutel des Herzens. *Schluck* *Panik*

Dr. Seo erklärte mir sehr ausführlich wie die Operation abläuft. Und er nahm mir einen großen Teil meiner Angst. Alles machte einen hoch professionellen Eindruck auf mich. Ich spürte, dass ich in den besten Händen bin. Das diese Menschen wissen was Sie tun und wovon Sie reden. Das ich Loslassen kann und loslassen muss.

Ich hatte 2016 einige Ärzte, Neurologen um mich die absolut keine Ahnung von Myasthenie hatten und mir Sätze um die Ohren hauten:


"Es wundert mich, dass sie bei der Höhe der Antikörper überhaupt noch laufen können".


Das die Höhe meiner Acetylcholinrezeptor-Antikörper ungewöhnlich hoch sei, habe ich in den letzten Jahren sehr oft gehört. Manche Ärzte hatten das noch nie gesehen. International gibt es wohl wenige Fälle wie bei mir, dass man Antikörper hat aber keine Symptome plus noch der Verlauf der Schwangerschaft. Es gibt nämlich sehr viele Frauen mit MG die gesunde Babys bekommen. Tja auch hier, wohl Pech gehabt.

Laut dem Arzt in der Uniklinik bekam ich jedoch eine neue Sichtweise anstatt von Pech gehabt. Er sagte mir, dass die Myasthenie sehr aktiv zu sein scheint und ich irgendwann Symptome bekommen hätte. Und das, so traurig das mit Matheo doch war, irgendwo für meine Gesundheit ein Zufall der meine Gesundheit retten kann langfristig. Sonst wäre das wohl nie aufgefallen.

Mein Baby starb in meinem Arm um mich zu retten. Traurig, hart und Schmerzhaft. Aber die neue Sichtweise hatte etwas versöhnliches nach fast 3 Jahren für mich. Nach drei Jahren Selbsthass, lernte ich die Dinge anders zu betrachten.

Nun wartete ich noch auf den Anruf der Klinik wann ich Operiert werden sollte. Als der Anruf kam, zog es mir den Boden unter den Füßen weg. Ich schrieb alles auf, damit ich nix vergaß und danach weinte ich erst einmal.

Schon in einer Woche, über Ostern sollte die OP stattfinden. Panik stieg in mir auf. Es gab kein Weg mehr zurück.

Superwoman musste dem Einteiler erneut nen neuen Anstrich verpassen um das zu überstehen. 


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