Donnerstag, 23. Juni 2016

Zeit zum Loslassen

Stückchen für Stückchen... so merke ich wie ich langsam Dinge los lassen kann.

Ich habe Matheos Zimmer nach letztem Jahr als Beauty Raum für mein kleines Gewerbe genutzt und hatte alle Dinge wie die Wickelkomode, das Baby Bett, den Kinderwagen, die Baby Wippe, den Maxi Cosi sowie die Kinder Lampe drin gelassen und nur soweit es ging abgedeckt.

Ich habe es einfach nicht geschafft die Dinge weg zu räumen, geschweige denn zu verkaufen oder zu verschenken. Auch wenn wir aktuell an kein Kind denken wollen, wollte ich alles behalten. Denn den Traum vom Baby geben wir nicht auf.

Seit einigen Monate habe ich jedoch gemerkt, wie mir die Dinge in dem Zimmer auf die Nerven gehen. Nicht alles aber das Babybett und der Maxi Cosi gingen mir besonders auf den Geist. Vor Wut das ich beides nicht benutzt habe und das dort Matheo drin liegen sollte trat ich oft vor die beiden Dinge, Einmal hätte ich alles fast kurz und klein gehackt in einem Wutanfall. Doch es war zu schade dafür.

Und so war es nun Zeit einige Dinge zu verkaufen. Es steht ne Menge Geld seit einem Jahr in diesem Zimmer herum. Aber für ein 2. Baby denkt man? Ja, der größte Teil wird es auch mal sein aber nicht diese beiden Dinge. Aus persönlichen Gründen, auf die ich hier öffentlich nicht näher eingehen möchte, wird der Kinderplan auf nächstes Jahr aufgeschoben. Mir geht es gut damit, denn zu oft habe ich noch Angst davor und bin froh das es momentan ist wie es ist. Ich sammle Kraft für das was irgendwann sein wird. Und es kommen noch ein paar Veränderungen auch beruflich und privat auf Brian und mich zu.

Wir haben beide Sachen für den Verkauf fotografiert und in eine bekannte Internet Plattform gestellt. Es hat keine 2 Stunden gedauert und es fanden sich die ersten Interessenten. Ich war nicht traurig, denn ich wollte ja diese Dinge los werden. Zu sehr erinnerten sich mich täglich daran was ich verloren hatte. Als ich dann aber überlegte was ich noch los werden könnte stand ich vor der Baby Wippe die mir meine Freundin, die mit ihrer Tochter für Matheo am Geburtstag gesungen hat, verkauft hat. Und so saß ich heulend in dem "Baby Zimmer" und sagte zu Brian ich kann nicht alles verkaufen. An einigen Dinge hänge ich so sehr, das es nicht geht. Brian war so süß und nahm mich wieder in den Arm und sagte: Weist du Schatz, dann behalte die Dinge die du nicht weggeben kannst. Nimm Sie als Ziel für die Zukunft.

Ich brauch nicht erwähnen wie toll er ist. Er weiß immer die richtigen Worte.

Leider kam das Paar, welches die beiden Sachen kaufte morgens in der Woche sehr spät. Noch vor meiner Arbeit aber Brian konnte nicht dabei sein. Der Deal war das er den Verkauf abwickelt da ich keine blöden Fragen ertrage die da wären: Warum ist das unbenutzt? Haben Sie Kinder? Ich biss die Zähne zusammen und musste nun allein da durch. Als das nette Paar rein kam in unsere Wohnung versuchte ich den Babybauch der Frau zu ignorieren. Klappte auch ganz gut. Die sollten das schnell einladen, bezahlen und Tschüss. Aber wenn das Leben so einfach wäre würde dieser Blog nicht existieren. Natürlich fragte mich die Frau, nachdem sie die Wohnung nach Kinder Bildern abgesucht hatte, wie viele Kinder wir denn hätten. Ich sagte: Wir haben keine Kinder! Was soll man sonst sagen? Keine lebenden? Doch eins aber das liegt auf dem Friedhof?

BOOOM

Sorry, ich bin kein Mensch der lügen kann. Entweder sie hätten nicht gefragt oder sie müssen mit der Wahrheit leben. Ich musste zum Glück nicht weinen. Manchmal erschreckt es mich selbst, wie kalt ich darüber reden kann um bloß nicht zu weinen anzufangen. Ich galoppiere schnell dadurch und dann tu ich so als ob alles gut ist und versuche abzulenken. Immerhin sind das Fremde aber lügen kann ich eben nicht.

Die Frau hat es recht gut aufgefasst. Sie befand sich in der naiven Schwangeren-rosa-Wolke in der ich auch mal existierte. Heute Koexistiere ich neben diesen Rosa-Wolke Menschen und wünsche mir die Zeit zurück in der ich auch dachte: DAS PASSIERT MIR NICHT!
Ihr Mann war da schon sichtlich geschockt. Er wusste einfach nicht was er dazu sagen sollte. Musste er auch gar nicht.

Ich wünschte den beiden alles gute und das von Herzen. Ich umarmte die Frau mit dem Kugelbauch und war fast glücklich das nun jemand glücklich über Babymöbel war und ich war es endlich los. Einen Teil meiner Vergangenheit, der mir jeden Tag weh tat in Form von Möbel. Die Frau sagte noch zu mir: Geben Sie niemals die Hoffnung auf. Sie bekommen ein Baby.

Das war das schönste Geschenk das mir ein Fremder Mensch an diesem Tag gemacht hat. Gott, wenn es diesen Mistkerl gibt, möge diese Frau, Ihren Mann und ihr ungeborenes Baby beschützen. Es gibt nur noch wenige gute Menschen auf dieser Erde. Und die guten sollen wohl behütet sein.

Ich ließ einen kleinen Teil, der sich für mich riesen groß anfühlte los. Ich ließ den Schmerz ein Stück los. Und ich weinte dabei nicht. Ein Stück von meinem vor Trauer versteinernten Herzes sprang auseinander und ich bekam frische Luft durch die Lungen. So fühlt sich ein richtiger Schritt an.

Loslassen heißt nicht vergessen. Loslassen heißt Leben.



Wer loszulassen vermag, siegt noch, wo er aufgibt.
© Peter Rudl
(*1966), deutscher Aphoristiker












Dienstag, 21. Juni 2016

Matheos 1. Geburtstag


Ich hatte zuerst vor an seinem Geburtstag zu schreiben aber ich habe den Tag so genommen wie er kam und letztendlich hatte ich keine Lust an dem Tag zu schreiben.

An diesem 08. Juni 2016 schien die Sonne so, wie an seinem Geburtstag. Daran erinnere ich mich noch genau. Doch vor einem Jahr saß ich völlig desillusioniert in meinem Zimmer im Krankenhaus und starrte raus.

Er ließ die Sonne für uns scheinen um unsere Trauer und die Dunkelheit in unseren Herzen aufzuhellen. An dem Tag ging es mir relativ gut wenn man das so nenn kann unter den Umständen. Meine nahe stehenden Menschen haben mehr gelitten wie ich. Für sie war es erst jetzt so real das Matheo nicht da war. Für mich war es das dass ganze letzte Jahr. Dafür waren die Tage davor sehr schlimm bei mir. Ich habe 2 Tage vor dem 08. Juni kaum geschlafen. War unruhig, nervös, weinerlich, empfindlich und auch traurig. Ich habe die Nacht vor seinem Geburtstag gar nicht geschlafen. Denn das war die Nacht die ich schon im Kreißsaal verbracht habe mit stündlichem CTG ohne zu wissen was mich am nächsten morgen um 11:33 Uhr erwarten würde. Ich habe in der Nacht zum 08. Juni alles noch einmal durchlebt wie in einem Flashback. Es war so real, dass ich in der Nacht eine Panikattacke hatte und kaum Luft bekam. Es ist ein seltsames Gefühl wenn der Brustkorb sich so zuschnürt das keine Luft mehr rein kommt egal wie sehr man atmet. Zum Glück war mein Mann bei mir und hat mich in den Arm genommen und nicht mehr los gelassen. Unsere Fellnase Sunny hat sich dazu gekuschelt und so konnte ich zumindest ohne Angst auf den 1. Sternengeburtstag meines Kindes zusteuern.

Beeindruckt und wirklich tief berührt war ich von den ganzen Menschen die sich dieses für uns so wichtige Datum gemerkt haben und mir morgens geschrieben haben. Es tut gut das mein Sohn, mein kleines Baby nicht vergessen wird. Eine meiner Freundinnen war sogar mit Ihrer kleinen Tochter am Grab bei Matheo und hat mit ihr für Matheo einen Geburtstags Song gesungen. Ich kann kaum glauben das jemand so etwas für meinen Matheo macht. Mir kommen jetzt noch dabei die Tränen. Dieser kleine Mensch hat so viele in meinem Umfeld berührt und Ihre Art über das Leben zu denken verändert. Ich bin dankbar so Menschen in meinem Leben zu haben.

Viel mehr gibt es zu dem Tag kaum zu sagen. Wir haben ihn nicht gefeiert aber wir haben abends am See gesessen und den Sonnenuntergang genossen. Wir dachten: Letztes Jahr zerbrach unser Traum und jetzt sitzen wir hier zu zweit mit unserem Hund, der ohne all das auch nicht hier wäre und vermissen unser Kind das für immer im Himmel auf uns warten wird. Wir fragten uns wie würde er jetzt aussehen, würde er schon seine ersten Schritte laufen und ob es je aufhören wird das wir ihn so schrecklich vermissen. Wie immer gibt es auf all diese Fragen keine Antworten.

Ich lasse nun die Bilder sprechen, wo Worte versagen ....