Donnerstag, 27. August 2015

Immer wenn es dunkel wird

Wenn es Abend wird, die Sonne unter geht und alles zur Ruhe kommt geht die Trauer erst los.

Es wird in den letzten Wochen wieder schlimmer. Ich mag Abends schon gar nicht mehr Richtung Bett gehen. Wenn ich in der Dunkelheit liege bekomme ich Panik, ich kriege keine Luft mehr und habe das Gefühl ich falle. Ale wenn mich jemand geschubst hat und ich in ein schwarzes Loch falle ohne was zu sehen. Dieses Gefühl ist kaum zu beschreiben aber wie eine Panikattacke trifft es sehr gut.

Dies alles soll aufgrund des Traumas passieren, dass Eltern erleben wenn Ihr Kind stirbt. Oder auch wenn nahestehende Verwandte sterben, erleiden wir ein Trauma. Das kann sich in Weinen, Erstarren, Atemnot, Herzrasen und Panikattacken äußern. Ein Trauma ist eine Überlebensstrategie unseres Unterbewusstseins. Aber es ist wichtig diese Gefühle, sind Sie noch so schlimm für Außenstehende, zu durchleben. Denn das ist wichtig, damit ungelebte Trauer nicht dauerhaft krank macht.

Das Gefühl dabei ist das altbekannte. Als würde mir einer das Herz zerdrücken mit der Faust. Es tut unheimlich weh im Brustkorb und das atmen fällt schwer. Ich muss mich dann hinsetzen und versuchen mich zu beruhigen. Aus Angst vor dem was dort mit mir passiert, fange ich an zu weinen. Mein Mann sitzt dann hilflos neben mir und streichelt mir über den Rücken. Er fragt was er tun soll?Aber er kann nichts dagegen tun. Es hilft einfach nichts.

Dann kommt wieder die Frage "WARUM" auf, warum Matheo sterben musste. Warum unser Baby?

Ich bekomme auch in dieser Nacht wieder keine Antwort. Aber ich weiß, das es allen Müttern so geht, deren Baby oder Kleinkind gestorben ist. Aber es ist schwierig Unterstützung zu erhalten, sei es von Freunden oder Verwandten. Man ist in sich selbst gefangen, mit dieser Urgewalt an Trauer, denn auch wir müssen erst lernen damit umzugehen.

Für jede Mutter und jeden Vater ist der Abschied von ihrem geliebten Kind ein langer und schmerzvoller Weg. Und diesen Weg geht man als Paar fast ganz allein.

Ich stehe auf und gehe zu Matheos Box. Ich hole seine Spieluhr heraus und atme den Geruch tief ein. Mein Körper entspannt sich und mein Herz wird von der starken Faust in meinem Brustkorb los gelassen. Ich kann wieder atmen.

Ich spiele die Musik der Spieluhr nicht ab, trage sie ganz vorsichtig zum Bett und lege mir die Spieluhr auf den Bauch. Ich habe immer Angst, dass die Musik los geht. Ich ertrage diese Musik nicht. Noch nicht. Wurde Sie doch als er starb noch abgespielt und begleitete Matheo auf seinem Weg.  Aber die Spieluhr ist ein Stück Matheo. Es geht mir gut wenn diese Uhr bei mir ist.

Dieses Gefühl sie zu holen, aus der Box heraus, brannte in mir. Und dann wurde alles gut. Ich schlief sogar ein. Träumte nichts. Es war nur leere da.

 

Matheo, seine Spieluhr und ich





Mittwoch, 26. August 2015

Alles was ich bin, warst du

       
Du warst ich und ich War du.
Alles wollte ich dir geben.
Alles gabst mir du.

Nacht für Nacht besuchst du mich und rufst mir immer zu:
Mama Bitte Wein jetzt nicht, ich schau von oben zu.
Es sind deine Tritte, die ich bis jetzt noch spür.
Es ist dein friedliches Gesicht, das ich bis heute noch berühr.

Mein Glück warst du.
Mein Traum bist du.
Mein Traum warst du.
Mein Glück bist du.

Alles und jeden würde ich nun geben um dich noch mal zu sehn.
Dich zu halten, dich zu wiegen, wie es mir steht nicht zu.
Auf ewig werde ich dich lieben.
Leben werd ich nur für dich.
Bis wir uns einst im Himmel Wiedersehn.


 


Montag, 24. August 2015

Warten

Warten... warten war noch nie meine Stärke.

Wenn man jemand ungeduldig nennen kann dann definitiv mich. Ich bin immer auf der Überholspur, sei es mit dem Auto, zu Fuß, mit dem Fahrrad mit meinen Worten oder mit meinen Gedanken oder meiner Arbeit. Manchmal vergesse ich dabei Luft zu holen und überhole mich selbst. Ja, das ist eine Schwäche. Als ich warten musste auf die Schwangerschaft, oh Gott es war nicht besser. Und jetzt? Jetzt sitze ich hier seit 2 Monaten und 2 Wochen und warte wieder. Ich warte auf die Ergebnisse der Autopsie.

Wir haben Matheo ein paar Tage nach seinem Tod zur Obduktion freigegeben. Denn seine Todesursache war und ist immer noch unklar. Man vermutet eine Infektion aufgrund der Geschehnisse kann aber nach mehrfachen Bluttests einfach nichts finden. Wie schön wäre es gewesen, ein Ergebnis wäre ganz klar abgrenzbar gewesen. Aber so leicht ist es nicht. Die Entscheidung eine Obduktion zu machen viel uns nicht leicht. Der Gedanke was dort mit dem eigenen Kind getan wird, lässt einen Gänsehaut bekommen. Aber dennoch haben wir uns dafür entschieden und bereuen es keine Sekunde. Was ich bereue ist das ich wieder warten muss.

Wieso muss man in seinem ganzen Leben immer warten?

Die Tatsache das wir schon so lange warten auf die Ergebnisse zeigt uns, dass noch immer nichts gefunden werden konnte. Ein Autopsie Befund ohne Ergebnis, so sagte der Kinderarzt der Neo, sei nicht negativ. Aber wie wäre es wirklich? Wenn man uns nun sagt, Sorry es gibt keinen erkennbaren Grund?

Ich weiß es nicht. Das einzige was ich weiß ist, dass ich meine Geduld im Warten niemals bessern werde. Es wird immer meine Schwäche bleiben. Aber die Schwächen haben wir ja schließlich alle.

Gestern bekam ich Frust wegen allem. Es war so heiß die letzten Tage und meine Neubepflanzung auf Matheos Grab hatte die Hitze nicht verkraftet. Alle - oder sagen wir, die meisten - Blumen hatten die Sonne nicht verkraftet und waren hinüber. Ich hatte einfach keine Ahnung welche Blumen Grabtauglich sind. Wo lernt man diese skills bitte? Ich war so sauer, riss alles was verdorrt war aus der Erde und war frustriert darüber das ich nicht mal das Grab hin bekomme. Wie sollte ich dann das ganze Warten hinbekommen? Ich war und bin einfach überfordert.

Zu Hause weinte ich so sehr und das nur wegen ein paar dämlichen Blumen. Das Grab war alles was mir von Matheo geblieben ist. Und nun gaben die Blumen den Löffel ab. Wie konnten diese dämlichen Blumen mir nur sowas antun? Sie sollten mich glücklich machen beim Anblick. Aber nicht frustriert und sauer. Ich googlete welche Blumen geeignet sind. Das Ergebnis war nüchtern. Nicht allzu viele Blumen, die auch noch schön sind, sind Grabtauglich. Problematik Sonne. Matheos Grab liegt im Sommer ca. 13 Stunden in der Sonne. Nicht viele Blumen kriegen das hin.

Was ist jetzt vorhabe? Ich habe keine Ahnung. Ich werde warten.

Warten wird von nun an zu meiner Lebensaufgabe.
  1. Warten bis ich die richtigen Blumen finde für Matheos Grab.
  2. Warten bis mir der Autopsie Befund sagen kann, warum Matheo starb.
  3. Warten bis ich irgendwann wieder Schwanger werde und dann
  4. warten bis dieses 2. Kind gesund zur Welt kommt.

Das ist alles ganz schön viel warten für jemand der so gar nicht gerne wartet.


Alles nimmt ein gutes Ende für den,  
der warten kann.

(Leo (Lew) Nikolajewitsch Graf Tolstoi (1828 - 1910), russischer Erzähler und Romanautor)




Sonntag, 23. August 2015

Urlaub ohne Matheo

Mein Lieblingsmensch hatte vor ein paar Wochen eine ganz tolle Idee. Wir brauchten Urlaub.
Über 2270m hoch in den Bergen der Schweiz

Zu Hause ist man in seinem immer gleichen Trott. Man hat keinen Raum um den Gedanken und dem Geist Luft zum atmen zu geben. Die Alltäglichkeit verdüstert die Sinne. Alles hier zu Hause erinnerte mich daran, dass Matheo nicht im September hier bei uns sein würde. Ich lief jeden morgen an seinem Zimmer vorbei und sah seine Wippe. Ich stelle mir jeden morgen vor, wie es gewesen wäre, wenn Matheo in seiner Wippe gelegen hätte während ich mich schnell im Bad fertig machte. Wie er mich vielleicht aus der Wippe beobachtet hätte und mich angelächelt hätte.

Ja die Gedanken an das hätte, wäre wenn... tun sehr weh. Hingegen einiger gut gemeinter Ratschläge wird sein Zimmer so bleiben wie es ist. Auch sein Kinderwagen wird nicht verkauft. Es war und ist mein Traumkinderwagen. Und irgendwann vielleicht wird in diesem Kinderwagen sein Bruder oder seine Schwester sitzen und meine zerstörte Welt, mit jedem lächeln aus diesem Wagen, Stück für Stück wieder aufbauen.

Aber an Heilung war ja erstmal nicht zu denken. Ich sagte oft zu meinem Mann, könnten wir doch einfach nur Weg. Rucksack packen und einfach nur Weg. Ich hatte oft in den Wochen Kurzschluss Momente wo ich rasend vor Verzweiflung und Wut war. Ich konnte nicht mehr klar denken und wollte nur noch weg. Ich wollte davon laufen. Auch wenn es nur räumlich ging und nicht emotional. Ich glaubte es helfe. Und das sah mein Mann auch so. Da finanziell durch die Beerdigung keine Fernreise drin war entschieden wir zur Oma Schweiz zu fahren. Sie wollte uns bekochen und uns einen Tapetenwechsel bieten. Auf andere Gedanken kommen sagte Sie. Ja, das war genau das was wir brauchten.

Als wir in der Schweiz ankamen und ich die Berge sah, fing meine Seele an Urlaub zu machen. Ich weinte in dieser Woche nur einmal. Und das war bei der Abreise. Ich bekam emotional und räumlich Abstand zu unserem Schicksalsschlag. Wir konnten beide Kraft sammeln für die weitere Zeit der Trauer die uns noch bevor steht. Das heißt nicht, dass wir Matheo vergessen oder ignoriert hatten. Er war jeden Morgen wenn wir aufwachten Thema und Abends wenn wir einschliefen. Wir sprechen immer über Matheo. Und wenn wir nicht sprechen, denken wir dennoch jede Sekunde an Ihn. Jeden Tag. Ob wir weinen, ob wir lächeln, ob wir essen, ob wir Dinge erledigen. Er ist immer da.

Berge
Unendliche Weiten der Berge

Die Wirkung eines Tapetenwechsels auf die Stimmung der Trauer ist toll. Vielleicht lag es auch an den  Bergen. An den unendlichen Weiten die dem Kopf Weite boten und Abstand gab von unserer hektischen Welt. Hier in den Bergen war alles langsam, ruhig und mit sich im Einklang. Das färbt zwangsläufig ab. Mich zog es immer wieder in die Berge in meinem Leben. Mein Mann und ich sind beide begeisterte Wintersportler und lieben den Blick in die Weite der großen, mächtigen Berge. Die Berge zeigen einem wie klein wir Menschen doch sind. Und das wir auch nur ein kleiner Teil von allem sind. Und auch hier gibt es wieder eine Erinnerung an Matheo. In unserem letzten Winterurlaub in Österreich war ich schon mit Matheo Schwanger. Aber da wussten wir es noch nicht im Dezember 2014.

 

Wir entdeckten viele Symbole auf unserem Weg im Urlaub die uns an Matheo erinnerten. Auch die direkte Begenung mit den Kühen auf der Weide gab mir wieder zu denken. Ich hatte einige Zeit versucht vegetarisch zu leben. Es jedoch aus mangelnder Kraft nicht ganz geschafft. Als ich in diese Augen der Kälber auf der Alm sah, kriegte ich wieder 1 Woche kein Fleisch runter. Und um dieses süße Kalb flog ein Weißer Schmetterling.

Kalb auf der Alm
 

Ganz besonders fasziniert waren wir von den immer widerkehrenden Steintürmchen. Wir fragten uns ständig was es damit auf sich hatte. Es gibt von der Begründung "Wegweiser" bis zu "Spirituellen" Begründung alles. Wir fanden am schönsten, dass unten die großen Steine die Alten der Familie wie Oma, Opa symbolisiert. Darüber werden die Steine immer kleiner bis zum kleinsten Familienmitglied das Baby. Und so haben wir auch Matheo zwei Steine aus der Schweiz mit gebracht die nun sein Grab zieren.



Steintürmchen San Bernadino
 

Ich denke oft, wenn mich die Trauer um Matheo wieder überrollt an die weiten der Berge. Ich hatte dort so ein besonderes Gefühl der Nähe zu Matheo. Ich weiß nicht wieso. Vielleicht durch die Höhe der Berge. Man ist viel Näher am Himmel.
 
Mein Mann und ich hatten die richtige Entscheidung getroffen. Auch uns als Paar tat dieser Urlaub sehr gut. Wir hatten mal wieder nur Zeit für uns. Der Nebel der Trauer lichtete sich etwas. Auf der Beerdigung sagte ein Kollege meines Mannes zu mir: "Ihr dürft euch dabei nicht vergessen." Ja er hatte recht. Nach so einem Schicksalsschlag vergisst man zuerst alle anderen und dann sich selbst. Aber wir als Paar mussten weiter leben auch wenn Matheo nun nicht bei uns sein darf.
 
Dichter Nebel in den Schweizer Bergen passte zum Nebel der Trauer

Bei unserem letzten Urlaub in Thailand war Matheo noch dabei. Und so war es der erste Urlaub ohne Matheo. Es war schon seltsam. Wir hatten uns nur noch auf Urlaube mit ihm eingestellt. Hatten schon ein Strandurlaub geplant wenn der kleine laufen konnte. Und nun waren wir wieder nur zu zweit.

Der Weg nach Hause war die Hölle. Ich fing ohne Grund urplötzlich an zu weinen. Die Berge verschwanden am Horizont und die hässlichen Städte kamen näher. Und damit mein Schmerz um mein Totes Kind. Ich musste so weinen, das ich nicht weiter fahren konnte. Wir mussten anhalten. Ich verstand es selbst nicht. Woher kam das? Wir fuhren zurück in unser altes Leben in dem nichts mehr war wie vorher. Und alles in mir sträubte sich dagegen. Es tut einfach verdammt weh in ein leeres Haus zu kommen in dem ab September kein Säugling schreien wird.

 
"Wir müssen lernen, ohne dich zu leben."
 
 
 
 
 

Samstag, 22. August 2015

Monatlicher Rückschlag

Als Schwangere freut man sich so darüber, wie jeden Monat die Periode ausbleibt. Am Anfang der Schwangerschaft hatte ich noch immer Angst, dass Sie nun doch kommen würde. Nach 4 Monaten ohne Periode habe ich dieses Thema schon total vergessen. Periode? Was war das?

Spätestens wenn mein Umfeld missmutig und mies gelaunt verkündete: Sie ist da! Wurde ich daran erinnert, das es dieses Thema ja noch gibt. Jedes mal freute ich mich, das ich dank meines Baby mit dem Driss nichts am Hut hatte. 40 Wochen. WOW... 40 Wochen ohne Periode.

Nach der Frühgeburt von Matheo ging der Spaß natürlich sofort wieder los. Wochenfluss nennt sich dies dezent. Extremer als alle Perioden die ich kannte aber absolut schmerzlos. Ok, da war Sie nun wieder. Und das nach nur 27 Wochen. Hey, ich hatte doch mit 40 Wochen gerechnet. Aber dadurch das mein Kleiner da war, war mir alles andere egal. Als Matheo ging, ging auch der Wochenfluss. Ganze drei Wochen hatte ich diesen. Danach 2 Wochen Ruhe und meine normale Periode setzte ein. Na wunderbar. Nun gehöre ich wieder zu den Periodlern.

Auch diesen Monat natürlich. Sobald mein Körper mich in Ruhe lässt und mich manchmal vergessen lässt, das ich bereits hochschwanger war, kommt der monatliche Rückschlag. Ich werde wieder erinnert, das ich nicht mehr Schwanger bin. Werde daran erinnert das mein Baby Tod ist. Ich bekomme miese Laune wenn ich das altbekannte Gefühl verspüre, bald setzt die Periode ein. Ich will das alles nicht. Will diese miese Laune die Sie bringt nicht dulden. Will nicht wieder körperlich merken mein Baby ist fort. Will nicht daran erinnert werden, wie glücklich ich als Schwangere war. Wie schön war es doch Schwanger zu sein. Noch nie habe ich mich so wohl in meinem Körper gefühlt wie zu der Zeit mit Matheo.

 

Der Zyklus ist diesen Monat wie angefahren. Völlig von der Straße abgekommen. Normal waren ein Zyklus von 31 Tagen. Nun bin ich schon bei 37. Quäle mich seit 6 Tagen mit den Prämenstruellen Symptomen rum und könnte brechen. Wäre mein Matheo noch nicht geboren, wäre auch das kein Thema in meinem Alltag. Wäre Matheo noch im Krankenhaus auf der Intensiv, würde ich noch Stillen. Und somit auch keine Periode.

Also wieder eine Strafe. Eine Erinnerung daran, dass nichts mehr ist wie es mal.

Donnerstag, 20. August 2015

Me, Myself and I

Der berühmt berüchtigte After Baby Body.
 
Heiß diskutiert und immer wieder mit Illusionen und Erwartungen der Gesellschaft verbunden.
 
Glückliche Mamis mit Säugling zu Hause interessiert das alles herzlichst wenig die ersten Wochen und auch Monate, vielleicht sogar Jahre.
 
Ich stand nun hier, ohne Matheo. Aber mit einem Körper der nur nach Schwangerschaft schrie. Viele fragten mich die "ersten Wochen", jawohl ersten Woche schon, wann ich denn mit dem Sport wieder anfangen wollte.
 
7 Monate lang hatte mein ganzer Körper daran gearbeitet sich zu verändern und Matheo groß und stark zu bekommen. Sieben lange Monate hatte sich der Bauch gedehnt, bis er einen Umfang von 110cm hatte. Zuvor waren dies 64cm. Die Oberweite ist ganze 2 Körbchen Größen gewachsen. Der Körper hat Reserven angesammelt um später das Baby ernähren zu können und genug Reserven zu haben ohne das wir Mamis beim Stillen umkippen.
 
Hoch motiviert nicht jeden morgen beim Anblick in den Spiegel an mein Totes Kind erinnert zu werden, ging ich Joggen. Bereits 4 Wochen nach der Geburt. Keine normal Mama geht 4 Wochen nach der Geburt Sporteln. Selbst die Rückbildung wird erst nach 8-12 Wochen nach Entbindung Empfohlen. Ich bekam prompt die Quittung. Am nächsten Tag konnte ich mich kaum Bewegen. Alle Bänder, Gelenke und Muskeln lockern sich während der Schwangerschaft damit der Bauch und das Becken und alles sich bewegen und verändern kann während das Baby unaufhaltsam wächst. Und ich glaubte allen ernstes, kurz danach sei alles wie vorher? Wieso lasse ich mich überhaupt unter Druck setzten?
 
Nach dem Krankenhaus passte ich auf einmal wieder in meine 36 Hosen. Ich war erstaunt. Trug ich im 7. Monat schon Größe 40, bedingt durch das breiter werden des Beckens. Doch dies änderte sich schnell nach nur wenigen Wochen. Obwohl ich kaum aß und die Trauer die bekanntlich schlank macht, nahm ich wieder zu. Die Anfänglichen verlorenen 12 Kilo schlichen sich pö a pö wieder rauf. Wie kann das sein? Ich fragte meine Ärztin und die sagte etwas, was mich einige Zeit lang wieder zurück warf. KORTISON.
 
Im Krankenhaus habe ich viele Stunden Kortison bekommen, damit Matheos Lunge schneller reift. Dies hatte für Matheo auch gut funktioniert. Seine Lungenwerte wurden von Tag zu Tag besser in den drei Tagen die er kämpfte. Doch meinen Körper und meinen Stoffwechsel haut dieses Medikament seit zwei Monaten aus den Schuhen.
 
Mein Mann sagte ich sei verrückt. Ich solle meinem Körper die Zeit geben die er braucht. Ich solle meinen Körper nicht noch mehr quälen. Er leidet genug unter dem Verlust von Matheo. Ich hatte furchtbar mit dem Milcheinschuss zu kämpfen, dieser hielt 4 Wochen an. Ich wurde quasi jeden Tag an Matheos Abwesenheit erinnert. Der Strich "Linea Negra" auf meinem Bauch, von der Schiebung der Bauchmuskeln, habe ich heute noch. Nach 2 Monaten und 2 Wochen hat sich diese Linie immer noch nicht zurück gebildet.
 
Die Schweizer Oma sagte sehr liebevoll zu mir: "Zum Kinder kriegen, brauchen wir Frauen Reserven. Du musst dich nicht abmagern. Denn ihr wollt doch bald ein 2. Kind. Zu dünne Frauen werden nicht Schwanger, denn der Körper von aus gemagerten schaffe es gar nicht ein Baby wachsen zu lassen, da er gerade selbst genug für sich hat."
 
Das was Oma Schweiz sagte, sollte nicht heiße wir sollen als Tonnen durch die Welt laufen. Aber Ihre Aussage bewahrheitet doch das, was ich selbst am eigen Körper gesehen habe. Kurz nach der Hochzeit als ich mich runterhungert und gesportelt hatte, wurde ich monatelang nicht schwanger. Erst als ich aufhörte zwanghaft auf mein Gewicht zu achten und ein paar Kilos zu nahm und im reinen mit mir selbst war, schlich sich Matheo unter mein Herz. Also hatte Oma Schweiz recht.
 
Und das ist alles normal. Meine Frauenärztin erklärte mir nochmal, das ich mir von niemanden einreden lassen solle, dass ich nur 2 Monate nach der Geburt aussehen muss wie vorher. Sie sagte mir auch, das selbst viele ein Jahr nach der Geburt nicht annähernd aussehen wie vorher. Sie nahm den Druck. Und dafür bin ich Ihr dankbar.
 
Mama´s und auch Sternenmamas können stolz sein, auf die Leistung die der Körper vollbracht hat. Ein Satz den eine Sternenmama aus meiner liebevollen Whats App Gruppe gestern sagte war: "Eine Geburt und eine Schwangerschaft lässt uns Frauen noch viel stärker werden als wir ohnehin schon sind."
 
Und sie hatte recht. Und auch Ihr bin ich für diese Aussage dankbar. Man merkt immer wieder, das letztendlich nur die einen verstehen, die selbst durch die Hölle der Trauer um ein Kind gehen.
 
 
 
 
 
Man ist nicht mehr, der man mal war - man sucht und findet irgendwann eine neue Identität.

Sonntag, 16. August 2015

Erinnerungen an Matheo

Zeichen gegen das Vergessen wollten mein Mann und ich setzen.

Erinnerungen verblassen so schnell und hätten wir keine Fotos von Matheo würden wir uns vielleicht jetzt, nach nur zwei Monaten schon fragen wie genau er ausgesehen hatte. Es klingt verrückt aber wir hatten nicht wie andere Eltern, deren Kinder vielleicht nach 5 Monaten, mit 2 Jahren oder 8 Jahren starben ohne Ende Fotos. Wir hatten keinen Alltag gehabt mit Matheo. Es gab nur die Zeit die er in meinem Bauch in unserer Mitte war. Hier war er präsent und das 7 Monate lang. Präsent durch seine Bewegungen. Er hatte immer geantwortet mit Stupsern und kleinen Tritten wenn Papa seine Hand auf meinen Bauch legte und mich ihm sprach. Er liebte seine Stimme einfach. Sobald wir Abends im Bett lagen und mein Mann mit Matheo sprach ging es richtig los. Mama wollte schlafen aber Papa und Sohn konnten sich ja erst jetzt Zeit gemeinsam schenken. Es waren so schöne Momente. Wenn ich daran denke kommen mir die Tränen.
 
Fotos von Matheo
 
Aber im Krankenhaus war alles egal. Es ging ums nackte Überleben. Da war keine Zeit für Erinnerungen zu schaffen. Deswegen waren wir umso dankbarer, dass das Krankenhaus so viele Fotos von Matheo gemacht hat. Diese Bilder sind uns beiden sehr viel Wert.
 
Wenn ihr euch fragt warum hier keine Bilder, außer die seines Fußabdruckes, von Matheo zu sehen sind, kann ich euch sagen warum. Mein Mann möchte das nicht. Er hält nicht viel von Bildern eines Kindes im Internet. Einmal eingestellt sind diese Bilder für immer im World Wide Web. Zudem findet mein Mann, dass ein Kind nicht die Möglichkeit hat selbst zu entscheiden ob es das möchte. Vielleicht ist den Kindern das später einmal unangenehm und peinlich wenn Sie sehen wie schamlos die Mutter alles des Baby´s postete bei Facebook. Nur wird es bei uns so oder so kein später geben für Matheo. Ein kleines Kind gehört nicht in eine öffentliche Plattform. Ausgesetzt und schutzlos der Meinung anderer. Im schlimmsten Falle wird trotz Copyright rechten das Bild für Werbung genutzt ohne das man es mit bekommt. Und so respektiere ich den Wunsch meines Mannes. Zudem ist es etwas besonderes wenn nur uns und auserwählte Menschen ein Foto sehen dürfen und es nicht jeder auf dem Handy hat und es Menschen zeigt die es nichts angeht. Nur eine Handvoll Leute durften  Matheo in seinem Moment des Sterbens sehen. Und das soll so bleiben.
 
Würdet ihr wollen, dass die ganze Welt ein Foto sieht kurz vor dem Moment bevor ihr sterbt? In eurem schutzlostesten Moment?
 
Ich bin so stolz auf Matheo und so stolz, das er ein so süßes Baby war. Er hatte ein bezaubernd süßes Gesicht. Alle Ärzte auf der Intensiv Station sagten wie süß er sei. Er wäre so ein hübsches Baby sagten Sie und er hätte das alles nicht verdient sagte derArzt. Ich war so stolz als Sie das sagten.
 
Viele Sterneneltern zeigen Ihre Babys, ob lebend oder schon Tot, in den Facebook Gruppen oder in den Blogs und Internetseiten. Sogar in den Büchern die las, fand ich ohne Ende Fotos. Aber auch viele Eltern, die es aus Respekt gegenüber Ihres Babys nicht wollten. Ich akzeptiere wenn andere Ihre Fotos teilen. Aber ich möchte auch, dass andere akzeptieren das mein Baby nicht hier hin gehört. Bildlich dargestellt. Ich habe eine Ecke im Schlafzimmer wo all seine Fotos stehen. Diese wo er lebte und in meinem Arm lag und diese wo er gestorben war. Der Körper verändert sich so schnell wenn wir sterben. Es hängen dort ebenfalls Bilder der Schwangerschaft. Diese teile ich gerne mit euch, denn ich kann für mich selbst Entscheiden. Es steht ebenfalls eine Kerze auf der Kommode im Schlafzimmer. Dort hat Matheo eine Erinnerungsecke an der nicht jeder Besucher in unserer Wohnung glotzend vor steht.

Er hat aber auch einen Platz in unserem Wohnzimmer, wo jeden Abend eine Kerze für Ihn brennt.

 


Die Erinnerungsbox

Ich habe relativ kurz nachdem wir wieder zu Hause waren aus dem Krankenhaus, eine Box gekauft bei Nanu Nana in der Stadt. In diese Box habe ich alles gepackt was unmittelbar eine direkte Erinnerung an Matheo ist. In der Box liegt das Kleid das ich trug als ich im Krankenhaus lag die drei Tage und in diesem Kleid platzte meine Fruchtblase. Dort liegt das T-Shirt meines Mannes, welches ich bei der Geburt von Matheo trug. Die ganzen Ultraschall Bilder, Bilder aus der Schwangerschaft und die restlichen Bilder aus dem Krankenhaus liegen dort. Ein Bild kann ich mir heute noch nicht ansehen. Auf dem Bild ist Matheo schon gestorben und sein Gesicht hatte sich von einem Lächeln zu einem ernsten Ausdruck gewandelt. Er sieht so Weise auf dem Foto aus. Aber eben so ernst und traurig, dass es mir das Herz verreißt. Ich merke beim Anblick schmerzhaft, das ich ihm dies nicht ersparen konnte. Ich hätte gerne getauscht und ihm meine Kraft und mein Leben geschenkt, hätte er doch nur Leben können. Das Foto zeigt mir unverschönert, das ich machtlos war und mein Baby sterben musste. Allein beim schreiben und den Gedanken an das Foto bekomme ich einen Kloß im Hals.
 
In der Box liegt auch eine Rassel die meine Mama, also Matheos Oma für ihn gekauft hatte. Eine Rassel mit einem Esel oben drauf in BLAU. Ja, auch meine Mama wusste nicht, dass wir einen Sohn bekommen aber Sie war die einzige neben meinem Mann der auf meine Intuition vertraute, das ich glaubte es sei ein Junge. Auch sie spürte das wohl. Sie erzählt mir oft, das sie glaubte es werde ein Junge.
 
 
Mein Mann und ich haben hingegen jeglicher Ratschläge in den ersten 12 Wochen nix zu kaufen, direkt in der 9 SSW eine kleine Acrylbox mit Söckchen von S. Oliver gekauft für Matheo. Die Acrylbox ist in einer Herzform und die Söckchen haben kleine Sterne. Wir zündeten jeden Abend neben den Söckchen eine Kerze an. Für unser ungeborenes Baby. Damit es gesund und munter zu Welt kommen mag. Diese 12 Wochen Regel ist absoluter Quatsch. Wie ihr seht und wie ich lernte durch die Frauen, es kann immer etwas passieren. Auch Jahre nach der Geburt.

In der Box ist mein Hipp Schwangerschaftsbuch, in welchem ich die Schwangerschaft von Monat zu Monat dokumentiert habe. Dort schrieb ich auf wie es mir ging und wie mein Bauchumfang in cm gewesen ist.
 
Es liegt eine kleine Mütze mit dem Schriftzug: Star is Born! in der Box. Ebenfalls ein kleiner Socken mit dem Schriftzug: I <3 Mom und Dad. Zu dieser Socke muss ich sagen, sie war verschwunden. Ich hatte 1 Woche bevor ich ins Krankenhaus kam angefangen die Babykleidung zu waschen. Die winzigen Babysocken hatte ich nicht in eine Waschnetz gepackt und so war der zweite Socken verschwunden. Ich ärgerte mich sehr. Das waren meine Lieblingssocken. Als wir aus dem Krankenhaus nach Matheos Tod nach Hause kamen machte ich am nächsten Morgen das Bett. Aus dem Bett fiel der 2. Socken. Und ich las nur: I Love Mum and Dad. Ich fing an zu weinen. War das ein Zeichen von Matheo. Er liebte uns und lies uns dies so bildlich wissen. Dieser Socken war 2 Wochen verschwunden und tauchte genau 1 Tag nach seinem Tod auf und lag vor meinen Füßen? Ich hatte alles abgesucht nach den Waschen ob der 2. Socken irgendwo hin gerutscht war. Vergebens.
Dieser Socken wartete auf seine Aufgabe.


Die verschollene Socke die plötzlich auftauchte
 
 
In der Box ist ein Body den mein Mann gekauft hat. Das einzige Kleidungsstück das mein Mann alleine kaufte. Das war so süß. Er war so unendlich süß als er mir den Body zeigte, den er ganz allein gekauft hatte. Ein weißer Body mit blauen Elefanten. Wieder Blau.
 
Die 3 Schwangerschaftstests die ich am ersten Tag machte liegen auch in der Box. Sowie eine Todesanzeige die mein Mann liebevoll gestaltet hat. Auch Matheos Kinderuntersuchungsheft befindet sich in der Box. Ebenfalls seine Blutergebnisse aus der Zeit nach seiner Geburt.


Matheo´s Todesanzeige
 
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Meine Mama hatte viel über Frühgeborene gelesen als Matheo am 08.06.2015 um 11.33 Uhr geboren wurde. Als sie hörte wie wichtig es sei, das sie Eltern bei dem Baby sind und mit ihm sprechen, kaufte Sie Matheo´s erstes Kinderbuch. Ein Kleines Pixi Buch. Wir wollten es Matheo vorlesen, denn das half den Frühgeborenem. Im Bauch sprach man ja auch täglich und ständig mit Ihm. Das Buch heißt: Ritter & Drachen. Meine Mama sagte, dass Matheo ein kleiner Ritter sei der kämpfen musste. In dem Buch kämpft der kleine Ritter gegen den Drachen. Aus Prinzip. Aber die beiden hatten sich zu lieb um sich weh zu tun und so wurden sie Freunde. Sie kämpften so jeden Tag aus Spaß miteinander. Es war ein Spiel. So wurden der Ritter und der Drache von Jahr zu Jahr älter. Und das Spiel wurde Ihnen langweilig. Sie wollten immer nur das die Zeit umging und Sie endliche zusammen Essen konnten. Sie merkten das Kochen ihrer beider Leidenschaft war und so ließen Sie das kämpfen und eröffneten ein Restaurant. Es wurde das beste Speiselokal des Mittelalters.
 
Leider kamen wir nicht mehr dazu, Matheo das Buch zu Ende vor zu lesen.


Matheo´s erstes Kinderbuch von seiner Oma
 
 
Zwei Dinge die mir so wichtig sind, befinden sich in der Box. Einmal seine Spieluhr von Steiff die Matheo bis zur Autopsie in Marburg begleitet hat und nun bei uns zu Hause ist. Mit ihr verbinde ich die intensiven Erinnerung an die Schwangerschaft, die Intensivstation und seinen Tod. Diese Spieluhr war immer dabei. Und die Decke. Diese besondere Luftballon Decke in der mein Sohn lag als er seinen Frieden fand. Diese Decke duftet nach Matheo und ist eine reelle, echte Erinnerung an ihn. Diese Box würde ich mit meinem Leben verteidigen so wichtig ist Sie mir.


Mein ein und alles - Die Luftballon Decke in der mein Sohn lag
 
 
 
Tattoo
 
Zu meinem Tattoo für Matheo habe ich in meinem Post: Ich trage dich wie eine Wunde, schon einiges erklärt. Es war nicht mein letztes Tattoo für Matheo und auch nicht mein letztes Tattoo im Leben. Spätestens mein Folgewunder wird irgendwann ein Andenken auf meiner und der Haut meines Mannes bekommen. Mein Mann lässt sich Ende des Jahres auch eine Erinnerung an Matheo Tätowieren. Mein zweites Tattoo folgt am 04.09.2015. Was es genau wird, verrate ich noch nicht aber es hat auch etwas mit Matheo zu tun. Ich werde euch ein Foto davon zeigen, sobald es gestochen ist.

 
 
Sternenkinderhimmel
 
Auf diese Seite bin ich per Zufall gestoßen. Es ist nichts besonderes. Ohne grafischen Schnick Schnack. Aber darum geht es gar nicht. Es geht darum einen Platz für seine Trauer zu schaffen. Und eine Nachricht für sein Kind zu hinterlassen. Aus dieser Seite findet man einen RIESIGEN Sternenhimmel. Auch hier wird einem bewusste wie viele Eltern es gibt, die so leiden wie mein Mann und ich. Und wie die Frauen die ich kenne mit Ihren Männern. Das Paar welches die Seite ins Leben gerufen hat, hat ebenfalls 5 Kinder verloren. Zuletzt ihre Zwillinge im 7. Monat der Schwangerschaft.
 


Sternenkinderhimmel


Barbara und Mario sagen: "Unser Sternenkinderhimmel steht für jeden offen, der ein ähnliches Schicksal erleiden musste. Hier können Sie Ihren Sternenkinder einen Platz geben und Sie auch außerhalb Ihres Herzens einen Platz geben."






 
Und so habe auch ich ein Eintrag für Matheo hinterlassen. Ich danke den beiden für Ihre Mühen diese Seite am Leben zu halten.
Hier kommt ihr zum Sternenkinderhimmel: http://www.sternenkinderhimmel.com/


 
Die Familie
 
Von meinem Cousin der in Bielefeld wohnt haben wir ein ganz süßes Bild gemalt bekommen. Dieses Wort sagt mehr als tausend Worte. So süß das er auch unseren Hund mit gemalt hat.
 
 
 
Der zweiter Cousin, der älter wie sein Bruder ist der gemalt hat, bastelte uns einen kleinen Perlen Salamander als Kraftspender.
 
Es war einfach nur schön das Sie und gerade die beiden Kinder so an uns denken. Es ist bestimmt nicht einfach und schön Kindern zu erklären, dass von Ihrer Cousine das Baby gestorben ist.



 
 
Zufälle
 
Als ich letzte Woche in einem Gartencenter war um neue Blumen für Matheos Grab zu kaufen und nach Deko suchte, fiel mir dieser Teelicht Halter in die Hand. Warum ich genau den zur Hand nahm weiß ich nicht, er war für meinen Stil eigentlich viel zu kitschig. Ich drehte das Teelicht Glas um, um nach dem Preis zu sehen. Und da schossen mir Tränen in die Augen. Das gibt es doch nicht.

Die Firma die diese Teelicht Glas hergestellt hat, heißt Matteo GmbH.
 
Mein Sohn ist einfach überall.








 

 
Matheo´s Grab
 
Dies ist mit einer unserer wichtigsten Anlaufstellen. Und wird es auch für immer bleiben. Hier liegt unser Matheo bei seiner Uroma. Und hier fühlen wir uns ihm Nahe. Eine Liebe Omi vom Grab neben an macht sein Grab oft mit drum herum sauber. Sie weinte einen Tag mit uns am Grab, da auch Sie Ihren Sohn neben Matheo beerdigt hat. Er war zwar schon 36 aber auch ihr Sohn ist viel zu früh gegangen. Ebenfalls liegt dort der Mann der lieben Omi. Sie kommt oft Wochenende mit Ihren beiden Töchtern das Grab Ihrer beiden Männer pflegen. Man lernt viele Schicksale kennen in so einer Situation in der mein Mann und ich uns befinden.
 

Steine aus der Schweiz auf Matheos Grab
 
 

Kreuz von Matheo am Grab






Ich erzähle dies vor allem, um ihn nicht zu vergessen. Denn es ist traurig, einen Freund zu vergessen.

(Saint Exupery, Der kleine Prinz)

 
 

Samstag, 15. August 2015

Sternenmama

Wisst ihr, am Anfang hasste ich diesen Ausdruck Sternenkinder oder Sterneneltern. Was soll das überhaupt ausdrücken? Warum gibt man uns einen anderen Namen wie anderen Eltern. Waren unsere Kinder anders als die anderen die lebten?

Lediglich die Tatsache, dass unsere Kinder Tod waren war anders. Aber war der Tod so ein Außenseiter das man allem was mit ihm tu tun hatte auch neue Namen geben musste?

Wir sind wir wieder bei dem Thema aus meinem Post: Schock, Trauer und Wut.
Der Tod hatte keine Bedeutung im Alltag unserer westlichen Welt. Liest man mal über andere Kulturen erfährt man schnell das wir Westi´s auch hier wieder anders ticken. In vielen Kulturen spricht man am Essenstisch über verstorbene. Erzählt Geschichten aus deren Leben, mag es noch so kurz gewesen sein. Viele Kulturen Beerdigten Ihre Verstorben im Dorf  und die Familiennachkommen bauten ein Haus über dem Ort des Verstorbenen. Einige Kulturen pflanzten Bäume auf dem Grab als Symbol für das Leben nach dem Tod. Und manche Kulturen glaubten an die Wiedergeburt in einem Tier oder einem anderen Baby irgendwo auf dieser Welt.

Was ich mich auch frage ist: Wir heißen nun also Sterneneltern. Aber die Eltern mit lebenden Kindern heißen auch nicht Erdeneltern. Hier merkt man die Absurdität des Wortes an sich.
Und wenn ich irgendwann lebende Kinder habe, was sind mein Mann und ich dann? Sternen- Schrägstrich Erdeneltern? Oder befinden wir uns in einem Konflikt? Sterneneltern vs. Erdeneltern?

Man hat folglich das Gefühl wieder ausgegrenzt zu werden. Unsere Gesellschaft erfindet ein Wort für uns weil wir anders sind. Aber wie sind wir wenn wir lebende Kinder haben? Gehören wir dann wieder zum Clan der Erdeneltern? Das ist gar nicht möglich, denn wir haben ja ein Sternenkind.

Ich begann zu suchen, woher diese Wort Kreation stammt. Hatten tatsächlich  betroffene Eltern selbst diese Sparte erfunden um uns selbst zu beschreiben? Oder haben wir einfach den Stempel bekommen und somit eine Schublade bekommen in die wir passen?

Wir stecken alles in Schubladen. In unserem ganzen Alltag praktizieren wir Schubladen denken. Wir sehen einen Menschen und glauben zu wissen wie er ist. Wir beurteilen rein Subjektiv. Anhand der Kleidung, der Attraktivität, der Wortwahl, der Sprache, der Kultur und des Lebensumstandes an sich. Wir glauben innerhalb von Sekunden einen Menschen zu kennen und beurteilen zu können.

In meinem Post: Ich trage dich wie eine Wunde, schreibe ich selbst das wir Sterneneltern nicht mehr so unbeschwert sind wie die anderen. Also ertappe ich mich selbst dabei, das ich spüre ich gehöre gerade nicht dazu.
Als ich recherchiere, finde ich eine Erklärung das normalerweise nur Kinder unter dieser bescheuerten 500 Gramm Regelung Sternenkinder / Sterneneltern genannt werden. Doch auch Eltern von Kindern die größer und schwerer und älter, also durchaus 3-8 Jahre waren, so benannt werden. In neuerer Zeit wird der Begriff auch generell für verstorbene Kinder verwendet.
Der Begriff sagt aus: Er berücksichtigt die intensive Bindung, die vor allem viele Mütter und Väter bereits zum ungeborenen Kind entwickeln und die deswegen oft intensive und langanhaltende Trauer, die dessen Tod verursacht.
(Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Sternenkind).

Andere Bezeichnung die ich  in vielen Büchern fand, waren auch Schmetterlingskinder oder Engelskinder.

Letztendlich beschreibt das Wort Sterneneltern und Sternenkinder sehr treffend worum es geht. Erwähnt man dieses Wort, bedarf es keiner weiteren Fragen. Es ist wie eine Gruppe zu der man nun dazu gehört. Googelt man diese Begriffe, landet man als suchender sofort auf den Seiten wo Frauen und Männer die Ihr Kind verloren haben, Rat und Beistand finden. Und ich bin mittlerweile froh darüber. Froh das es diese Gruppen gibt und diese Informationen dazu.

Matheo & ich im 6. Monat

Ich habe noch ein passendes Gedicht gefunden, welches den Standpunkt einer Sternenmama / der Sterneneltern treffend beschreibt:



Sterneneltern
Sterneneltern heißen wir,
denn unser Kind verloren wir.
Viel zu früh ist es gegangen,
kaum das sein Leben
angefangen...

Wie alt es war? Das ist
nicht wichtig!
Wie groß, wie schwer -
auch das ist nichtig!
Es war unser geliebtes Kind
und bleibt's, bis wir
gegangen sind...

Wißt, wir spüren stets
die Schmerzen.
Die Wunde klafft in
unseren Herzen.
Drum sagt nichts von den
schlimmen Dingen,
die dolchstoßgleich ins
Herz uns dringen:

"Warum jammert ihr denn so?
Es war doch nur ein kleiner Babypo!
Wer weiß, wozu es gut
gewesen,
das es Euch verließ -
dies' Wesen...

Ihr seid noch jung, könnt
andre haben
und Euch an Kinderlachen
laben!
So lang' ist's her, seit
es geschehen -
Ihr müßt nun endlich
vorwärts sehen..."
Schweigt lieber, statt
sowas zu sagen.
Das hilft uns nicht in
Tausend Tagen,
auch wenn es von Euch gut
gedacht,
weil Ihr Euch um uns
Sorgen macht...

Glaubt uns, könnt Ihr's
auch nicht ermessen -
wir werden es niemals
vergessen!
Es totzuschweigen
schmerzt uns sehr,
vergrößert unser Leid
noch mehr...

Wollt Ihr uns echte Hilfe
bringen,
laßt seinen Namen hell
erklingen!
Laßt uns reden, helft uns
trauern,
reißt mit uns ein die
Schweigemauern...

Donnerstag, 13. August 2015

Ich trage dich wie eine Wunde

Heute ist einer dieser Tage an denen ich innerlich schreie. Ich wüte und bin tief traurig. Ich habe heute wieder viel geweint und mich gefragt warum mir so etwas passieren musste? Ich habe immer noch keine Antwort darauf.

Ich habe so eine Sehnsucht nach Matheo, dass es mich manchmal aufrisst. Es fühlt sich an, als würde mir jemand mein Herz heraus reißen. Als würde jemand mein Herz in seine Hand nehmen und so feste zudrücken bis ich ersticke. Ich bekomme dann kaum Luft so stark ist diese Sehnsucht und der Schmerz zu wissen, diese Sehnsucht wird nie gestillt werden. Mein Sohn wird mich nie mit einem Lächeln morgens, nach einer durchweinten Nacht belohnen. Er wird mich niemals mit seinen strahlenden Augen ansehen und meine Sehnsucht stillen. Er wird niemals Mama sagen und mein Herz damit aufgehen lassen. Geblieben ist nur die Sehnsucht, die vielleicht immer bleiben wird. Vielleicht solange bis ich aufhöre zu atmen.

Wenn ich Blonde Frauen mit Kinderwagen in meinem Alter sehe, habe ich bisher nichts gespürt. So langsam kommt aber das Gefühl zurück an die Oberfläche. Der Schockzustand hielt diese Gefühle gut im Zaum. Er half mir mich zu Fangen und mich zu wappnen für die Zeit die jetzt kommt. Mamagefühle sind so starke Emotionen. Wo soll ich nur damit hin? Matheo ist nich hier, ich kann Sie nicht an ihn weitergeben. Die Mamagefühle sammeln sich an, stauen sich, schwappen über den Rand der Mauer und irgendwann sind die Wellen so mächtig, dass Sie mich, den Staudamm überrollen. Die ganzen Mamagefühle überrollen mich und machen mir schmerzhaft klar mein Sohn ist fort.

Was ich dann tue? Ich weine. Das ist das einzige Ventil das hilft für den Augenblick. Was mir noch hilft? Jedes mal zu schreiben wenn es besonders weh tut.

Ja, ich trage Matheo wie eine Wunde. Diese Wunde war weit aufgerissen. Wie nach einem schlimmen Unfall. Das Blut floss in Strömen aus dieser Wunde raus, so dass ich kurz vorm verbluten gewesen bin. Sie wurde etwas verarztet durch meinen Mann und meine Familie. Sie halfen die Wunde fürs erste provisorisch zu flicken. Es tropfte nur noch leicht. Dann begann Sie leicht zu verheilen. Man konnte aber schon erahnen, dass es mal eine hässliche Narbe werden wird. Dann ganz plötzlich entzündet sich die Narbe und hinterlässt einen bleibenden Schmerz. Der Schmerz ist der Verlust meines Toten Babys. Und dann  ganz unverhofft, bleibe ich mit dem Arm an einem Gegenstand hängen und ich reiße mir diese Wunde wieder ganz auf. Und es fängt von vorne an....


Was soll ich bloß tun? An so Tagen wie heute, wünsche ich mir nichts sehnlicher als wieder Schwanger zu sein. Ich möchte dieses Glück noch einmal erleben dürfen. Diese Vorfreude und diese Verbundenheit zu dem Baby. Ich möchte so sehr Mama sein dürfen, jede Minute des Tages. Und dann frage ich mich, will ich das wirklich? Eigentlich will ich nur Matheo zurück haben. Doch eine neue Schwangerschaft wird ihn mir nicht zurück bringen. Wir wollten eigentlich erst mal nur ein Kind und jetzt sprechen wir über ein 2.! Werde ich überhaupt je ein Baby aus dem Krankenhaus mit nach Hause bringen?

Weist du, ich als Sternenmama habe den Glauben daran irgendwie verloren. Wir alle denen sowas schreckliches passiert ist wollen Glauben. Denn wenn du glaubst wächst Hoffnung. Und Hoffnung ist stärker als Furcht. Und du brauchst verdammt viel Mut für eine 2. Schwangerschaft. Und dennoch will ich es wieder wagen. Mit Offenen Ende. Denn keiner kann einem garantieren das alles gut geht. Kinder bekommen ist verdammt Mutig und jeder der ein quick lebendiges Baby hat, hat an der Los Trommel Glück gehabt und das Leben gezogen.

Wir Sternenmamas sind nicht mehr wie die anderen, die in ihrer rosa Wolke schweben. Diejenigen die nie etwas böses erlebt haben interessieren sich nur für eine schmerzfreie Geburt und wie schnell sie abnehmen nach der Geburt. Ob sie Schwangerschaftsstreifen haben. Das alles interessiert mich kaum noch. Die Geburt und die Wehen waren für mich nicht mal annähernd so Horror wie mir alle aus meinem Umwelt versucht haben weiß zu machen. Warum wird überhaupt werdenden Mamas so eine Angst vor der Geburt gemacht. Die, die da so rum tönten wie schlimm es doch war, die hatten es doch auch geschafft. Seit tausenden Jahren bringen Frauen Kinder zu Welt. Wäre es so schlimm wie manche sagen, wären wir schon ausgestorben. Ich sage, die Geburt war das anstrengendste aber auch schönste Erlebnis in meinem Leben.

Die Geburt hat keine Wunden hinterlassen. Der Tod meines Kindes aber.

Eine Idee kam mir vor einem Monat. Als ich das Buch las: Ich trage dich wie eine Wunde.
Ich dachte, ich will eine sichtbare Wunde. Die in mir drin, die kann keiner sehen. Wenn ich mit dem Mund lächle glaubt mein Umfeld mir gehe es gut. Doch meine Augen lachen nicht mit. Mit Matheo ist auch meine Leichtigkeit gestorben. Etwas Unbeschwertheit ist gestorben. Doch ich will, das es eine lebenslange, für alle sichtbare Wunde gibt. Das jeder der mich kennt sieht, jedes mal wenn er mich sieht, es gab Matheo. Ich wollte das ich ihn ein Leben lang bei mir habe. Eine sichtbare Wunde. Was gab es da  besseres als ein Tattoo. Früher hatte ich mal Angst vor Tattoos wegen den Nadeln. Wie mit den Schwangerschaftsstreifen, die ich übrigens nicht bekommen habe trotz 7. Monat, interessierte mich die Nadel um ein Tattoo zu bekommen jetzt gar nicht mehr. Es war mir egal. Konnte es schmerzhafter sein als der Verlust von Matheo? Niemals. Und so habe ich mir ein Tattoo stechen lassen. Für immer unter meiner Haut. Denn ich trage Matheo wie eine Wunde. Die mal mehr mal weniger weh tun wird. Aber sie wird immer da sein. Mein Leben lang. Innerlich wie Äußerlich. Für meinen Sternenprinz Matheo.



Einen Stern für jeden Tag den Matheo gelebt hat.

 
 
 
 
Sehnlich erwartet und viel zu früh verloren.
Zurück bleiben verwaiste Eltern mit all Ihrer Sehnsucht, Ihrer Liebe und Ihren Schmerz.
 
(Flieg, Kleiner Schmetterling von Petra Hillebrand)
 
 
 
 

Mittwoch, 12. August 2015

Schock, Trauer und Wut

Die ersten Wochen waren die schlimmsten. Ich konnte und wollte Matheos Tod nicht akzeptieren. Ich weinte und sagte meinem Mann das er zurück kommen soll. Ich möchte Matheo zurück haben. Holt ihn mir bitte einer zurück. Ich weinte jedes mal wenn ich Phantom Bewegungen in meinem Bauch spürte. Es fühlte sich an als sei Matheo noch da drin. Aber das war er nicht. Ich glaubte nicht das er Tod sei. Ich glaubte es erst, als ich ihn vor der Beerdigung noch einmal sehen durfte.

Ich versuchte ihn irgendwie fest zu halten. Versuchte Erinnerungen zu schaffen. Als mir klar wurde das ich kaum greifbare Erinnerungen hatte um sie zu bündeln, brach ich wieder zusammen. Mein Mann hat es in diesen Wochen nicht einfach gehabt. Das einzige was mir half war Lesen. Ich wollte so viel Informationen über Neugeborenen Tod und deren Gründe haben wie ich nur kriegen konnte. Das gab mir das Gefühl mehr über dieses Schreckliche Schicksal zu erfahren. Ich hoffte antworten auf meine Fragen zu finden. Besonders auf die Frage: Warum?

Das einzige was ich in den unzähligen Büchern die ich las fand, waren gleichgesinnte. Auch Sie suchten nach den gleichen Antworten wie ich. Mir half es ungemein, zu verstehen was Trauer überhaupt ist. Ich bekam von vielen Seiten den Satz zu hören: "Such dir schnell Hilfe, damit es schnell besser wird und ihr damit umgehen könnt." Dieser Satz machte mich rasend vor Wut. Haben diese Menschen die das sagten, schon mal ein Kind verloren? Nein.
 
Niemand hatte auch nur eine Ahnung davon wie es uns beiden ging. Ich mache den Leuten keinen Vorwurf, denn wie soll man so etwas emotional nachempfinden können, wenn man von der Babyindustrie die perfekten Schwangerschaften und perfekte Babys suggeriert bekommt mit perfekten Geburten. Und von seinem Umwelt gewohnt ist, das Schwangerschaften immer glücklich enden? Man kann nichts erwarten aber auch rein gar nichts. Aber es verletzt wenn man behandelt wird als sei man Krank. Trauer ist keine Krankheit. Und die Trauer um mein Kind ist keine Krankheit. Ich zog mich mehrere Wochen zurück um die Leute nicht in die Situation zu bringen die falschen Dinge zu sagen und mich zu entlasten und zu schonen. Das einzige was ich brauchte war ein Foto meines Babys, meinen Mann und meine Mama. Mehr brauchte ich nicht die ersten Wochen.

Ich wollte wissen wie ist Trauer, was ist normal und haben die anderen Recht wenn Sie sagen ich muss schnell die alte werden? Werde ich jeh wieder die alte? Muss ich überhaupt je darüber hinweg kommen? Ein Buch von Hannah Lohtrop half mir hierbei sehr. Sie beschreibt perfekt die Phasen der Trauer in ihrem Buch und zeigt anhand Geschichten anderer Eltern, das jegliche Reaktionen normal sind. Das ich nie wieder die alte werde und das auch gar nicht muss und auch nicht soll. Nicht zu Trauern macht Krank. Nicht Trauern an sich wie viele dachten aus meinem Umfeld.

Der Satz "Depressionen bekommen" fiel ebenfalls oft in meinem Umfeld. Bei dem Satz bekam ich regelmäßig Aggressionen. Dazu kann ich sagen ich kenne mehr Menschen die aufgrund der immer schnelleren Welt und den Anspruch an ihr eigenes Leben Depressiv sind als die Frauen aus der Gruppe der Sternenkinder. Die Frauen denen so etwas schreckliches passiert, sind so starke Menschen. Natürlich las ich von Frauen die sich das Leben nehmen wollten aber viele von denen hatten generell ein schweres Leben. Und der Tod Ihres Babys war nur der Gipfel des Eisberges. Das ich ein Trauma davon getragen habe, bezweifle ich nicht. Welche Frau hätte das nicht die ihr Kind verliert?
 
Hätte ich diese Gruppe mit den tollen Frauen nicht gehabt, hätte ich meinem Umfeld sicher Glauben geschenkt. Nun war mir egal was andere denken. Ob ich nun einen Dachschäden hätte und nie wieder Freudig sein kann. Sollten sie das doch denken. Ich kannte 8.000 Frauen denen ein ähnliches oder gleiches Schicksal widerfahren ist und wir Trauerten gemeinsam. Wir waren nicht geisteskrank wie die Menschen glauben, die uns von außen ansehen wie ein Tier in einem Zoo. Wir sind starke Frauen die gemeinsam den schlimmsten Schicksalsschlag im Leben überleben werden. Denn wir kämpfen zusammen und geben uns halt. Die Quintessenz daraus war, das wir in der Gruppe die Augen vor der Tatsache was passiert war nicht verschlossen. Wir schauten der Trauer und dem Tod mutig ins Gesicht und gehen alle gemeinsam diesen schweren Weg. Der Weg durch die Trauer ist der Weg zur Heilung. Das müssen Menschen aus dem Umfeld lernen.

Ich finde es noch heute schlimm wenn jemand sagt:" Kommst du auch vorbei? Kein Angst, dich wird keiner Fragen oder Matheo erwähnen."

Ja, das ist ja das schlimme. Ich habe ein Baby gehabt. Einen Sohn der geboren wurde. Einen Sohn der geatmet hat. Einen Sohn der lebte und Teil dieser Erde war. Er hat existiert. Er hat einen Namen. Er hatte Füße, Arme und ein Gesicht zum verlieben. Warum darf und soll mich niemand ansprechen? Wieso wollt ihr es ignorieren, dass ich auch eine Mama bin. Bin ich anders nur weil mein Sohn nicht bei mir sein darf? Die Antwort darauf ist, das Leute die keinen Mut haben es gerne verdrängen wollen. Sie wollen mit dem Thema Tod nichts zu tun haben. Wie unsere Gesellschaft nun mal ist, wird der Tod verdrängt. Er gehört nicht an den Kaffeetisch als Gesprächsthema. Wir sind es gewohnt in der Materiell geprägten Westlichen Welt: Ist etwas Kaputt kaufen wir es einfach Neu.
Das ist auch der Grund für Depressionen. Wir sind es nicht gewohnt, dass der Tod in unser perfektes, ersetzbares Leben gehört. Ich möchte den Tod nicht mehr aus meinem Leben ausschließen. Ich habe gelernt ihn als meinen Begleiter anzunehmen. Er ist da. Er gehört zum Leben dazu. Er wird mich immer begleiten. Oder kann man es ignorieren das jeder einmal stirbt?

Wir Sterneneltern wollen über unsere Kinder sprechen. Es gibt nichts schlimmeres wenn ich Leute treffe und Sie mich angucken und tun als wäre nie was gewesen.

Umso mehr habe ich eine Hochachtung vor Mutigen Menschen, die mit mir ganz normal über Matheo sprechen. So als sei es das normalste der Welt. Und ich Liebe es wenn jemand seinen Namen sagt. Das ist wie Musik in meinen Ohren. Das lässt mein Herz und meine Augen lächeln.

Ich habe gelernt mich an diese Menschen zu halten und die anderen, die meinen Sohn nicht als wichtig erachten, zu ignorieren.

Ich habe nach vielen Wochen eine Erkenntnis gehabt. Ich war zutiefst Dankbar für mein Leben das ich leben darf. Es ist nicht selbstverständlich, das alle Organe in meinem Körper perfekt harmonisieren. Es ist nicht selbstverständlich, das ich noch nie richtig krank war, noch nie etwas gebrochen hatte. Es ist nicht selbstverständlich, das ich überhaupt Kinder bekommen kann. Ich war dankbar für meinen Mann. Ich Liebe keinen Menschen so sehr wie meinen Mann. Und nach all dem was uns passiert ist mit Matheo, war ich dankbar das mein Mann mir geblieben ist. Er wird nicht fort gehen. Ich war dankbar für die Gesundheit meines Mannes. Dankbar für seine Stärke an meiner Seite. Dankbar das er mir einen so hübschen Sohn geschenkt hat. Dankbar das ich Matheo kennenlernen durfte. Dankbar das meine Familie gesund ist. Ich war so Dankbar das ich Ehrfürchtig vor dem Leben wurde.

In der Zeit die ich zum nachdenken hatte wurde mir auch bewusst, dass es viel wichtigere Dinge im Leben gibt. Wir verschwenden so viel Zeit am Tag mit Dingen die uns nicht im Herzen berühren. Vorher lebte ich selbst mein eigenes Leben oft nicht mit Freude. Ich war so oft unglücklich beruflich gesehen. Das will ich künftig alles ändern. 
 
 
Matheo hat uns gezeigt was wirklich wichtig ist im Leben.

Kerzen für Matheo in der Kirche "Der Michel" in Hamburg




Dienstag, 11. August 2015

Beerdigung meines Sternenprinzen

Am Anfang sträubte sich in mir alles, mich auch nur Ansatzweise mit der Beerdigung zu beschäftigten. Ein befreundeter Bestatter sollte die Beerdigung von Matheo übernehmen. Nur Ihnen wollten wir unseren Sohn anvertrauen. Dieser Entschluss war schnell beschlossen doch was dann noch auf uns zu kam grenzte fast an Wahnsinn.
 
Nicht schlimm genug, dass wir unseren Sohn verloren hatten. Ich von heut auf morgen nicht mehr Schwanger war. Wir nicht verstanden was passiert war. Es unreal war. Es einfach nicht in unserem Kopf ankam. Nein, wir sollten nun Papierkram und Bürokratischen Unsinn erledigen. Dinge erledigen in einem Rausch des Schocks. Wie soll man hier sinnhafte Entscheidungen treffen?
 
Eins war von Anfang an klar, da gab es mit mir keine Diskussionen. Er sollte normal bestattet werden. Eine Verbrennung stand überhaupt nicht zur Diskussion. Für mich hat dieser Brauch etwas von der Hölle. Ich selbst möchte auch niemals verbrannt werden, wenn ich einmal sterbe. Der Gedanke meinen Sohn bei einer Höllen Hitze verbrennen zu lassen finde ich absolut Horror. Und Horror hatten und haben wir genug.
 
 
Es standen Anrufe bei der Krankenkasse an. Die uns noch einen freudigen Brief schickten der wie folgt lautete:
 
"Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Sohn! Bedenken Sie, dass Ihre Tochter bei heutiger medizinischer Versorgung als Frühchen gute Chancen auf ein Überleben hat."
 
 
Haben die allen ernstes im zweiten Wortlaut IHRE TOCHTER geschrieben? Ja haben Sie. Copy - Paste war wohl der beste Freund dieses Verfassers.
 
Wir sollten Blumen aussuchen, uns überlegen worin Matheo bestattet werden sollte. Zur Auswahl stand ein Weidenkörbchen oder ein Kindersarg. Wir sollten entscheiden Kindergrab ohne Verlängerungsoption oder Reihengrab mit Verlängerungsoption.Wir sollten uns überlegen wie die Trauer Feier gestaltet werden sollte. Schon alleine das Wort Trauer Feier, was hatte das mit Feiern tu tun? Wir sollten mitteilen welche Farbe das Kreuz haben sollte und was auf dem Kreuz stehen sollte. Wir mussten uns überlegen wie wir fast 2.000,00 € Beerdigungskosten zahlen sollten. Bitte was, dachte ich? 2.000,00€? Man bekommt ein Kind und hat Unsummen für die Erstausstattung ausgegeben mit einer Freude die man nicht in Worte fassen kann und dann bist du konfrontiert mit einer Summe für eine Beerdigung deines Babys von der du in deinem schlimmsten Alptraum niemals geträumt hättest. Wir sollten dies und wir sollten das.
 
Jetzt weiß ich, das es richtig war uns all dies entscheiden zu lassen. Und das wir dies auch mussten. Wir hatten beide tierische Angst vor diesem Tag. Er sollte am 24.06.2015 Beerdigt werden. Dies war der Todestag von dem Papa meines Mannes. Wieder Zufall?  Kann man es Zufall nennen wenn Matheo und der Papa meines Mannes beide Mittwoch Abend sterben zu halber Stunde, kann man es Zufall nennen das beide Todesfälle in den Juni fallen, und ist es Zufall das der Tag der Beerdigung von Matheo der Jahrestag von dem Papa meines Mannes ist? Auch hier lautet meine Antwort: Nein.

Matheo war vorher noch bei der Autopsie in Marburg. Der Kinderarzt riet uns dazu, denn auch die Ärzte waren interessiert an den Ergebnissen. Sie sagten mir noch, wie selten so etwas wie bei uns passiert. Das es auch für Sie, in ihrem harten Alltag mit Frühchen eine Rarität sei. Seit ich in der Gruppe der Sternenkinder bin , bin ich nicht mehr der Meinung das es selten passiert und auch nicht das es eine Rarität ist. Aber was sollte der Arzt mir schon anderes, sonst aufbauendes sagen?

Anschließend erhielt ich einen Zettel des Krankenhauses auf welchem ebenfalls sehr nüchtern erklärt wurde das mein Kind über der 500 Gramm Marke liegt und demnach Bestattungspflichtig ist in Deutschland. Zu dem Zeitpunkt kam mir nichts mehr unmöglich vor und so wunderte es mich auch nicht, das es in Deutschland eine Regelung per Gramm zahlen für Neugeborene gab. Na da haben wir ja nochmal Glück gehabt, dass Matheo 850 Gramm hatte und somit darüber viel. Was ein absurder, geschmackloser Zettel. Aber damit werden Sterneneltern knallhart konfrontiert. Das Krankenhaus kann nichts dafür aber unser Staat. Diese Regelung wurde wohl schon gekippt von einer Initiative der Sterneneltern. Traurig das es soweit kommen muss, das verwaiste Eltern für eine Bestattungspflicht ihrer Babys kämpfen. Aber das ist wieder ein anderes Thema....
 
Wir hatten nun für die Beerdigung das Familiengrab gewählt. In diesem Grab liegt meine Oma die ich selber nie kennen lernen durfte, welcher ich aber aus Erzählungen sehr ähnlich sehen soll. Zudem trage ich Ihren Zweitnamen Cornelia. Schnell waren mein Mann und ich uns einig, dass Matheo in kein Kindergrab kommen soll. Ich wollte ihn bei meiner Oma im Grab Beerdigen und ich wollte eine Option nach 12 Jahren das Grab Verlängern zu können. Viele finden das Quatsch aber er wird immer mein Sohn bleiben auch nach 12 Jahren. Und ich möchte diese Option.
 
Wie Roboter erledigten wir alles was von uns verlangt wurde. Mein Mann war in diesen ersten Wochen eine der größten Stützen. Er erledigte so viele Anrufe zu denen ich nicht in der Lage war. Ich konnte nicht diesen furchtbaren Satz sagen: "Guten Tag, ich rufe an, da mein Sohn geboren und gestorben ist."
 
Als der Tag der Beerdigung näher rückte machte sich Panik breit. Ich sprach zu dem Zeitpunkt schon mit den Frauen aus der Sternenkinder Gruppe bei Facebook. Ich war erstaunt wie vielen Frauen und Männern es ähnlich oder gleich erging. Im Krankenhaus dachte ich so oft, ich sei ganz allein und die einzige Frau der Welt der sowas passiert ist. Ich fühlte mich wie eine Außenseiterin, eine Versagerin. Ich hatte es nicht geschafft meinen Sohn zu retten. Ich fühlte mich wie das schwarze Schaf unter weißen. Diese Gruppe mit den ganzen tollen Frauen fing mich auf wie eine schützende Heerde. Ich fühlte mich nicht mehr allein. Ich war und bin unter gleichgesinnten. Ich habe in diesen ersten Tagen eine ganz tolle Frau und auch Sternenmama kennengelernt. Ihr Name ist Melanie. Sie und ich haben beide unseren Sohn verloren. Sie litt, trauerte und wütete genauso wie ich. Sie hatte die Beerdigung schon geschafft und konnte mir sagen was mich erwarten würde. Sie gab mir Kraft und nahm mir die Angst. Noch heute stehe ich in engen Kontakt mit ihr und wir schreiben regelmäßig. Aus der Trauer, Verzweiflung und Hoffnung sind mittlerweile einige neue Freundschaften entstanden.
 
Das schlimmste an dem Tag war eigentlich zu Beginn die weinende Menge. Arbeitskollegen meines Mannes waren gekommen. Die Familie meines Mannes und meine Familie. Alle weinten. Das war kaum zu ertragen.
 
Die Trauerfeier wurde von dem Diakon gehalten, der meinen Mann und mich auch kirchlich getraut hatte. Er kam einen Tag nach Matheos Tod zu uns nach Hause und sprach mit uns. Er erzählte uns, dass auch er vor vielen Jahren seinen Sohn verloren hat. Und das er heute nach 13 Jahren immer noch an ihn denkt und mit ihm spricht. Er hat die Trauerfeier so liebevoll gehalten.
 
Auch unsere befreundeten Bestatter haben den Raum so Liebevoll geschmückt. Allen ging der Tod von Matheo sehr Nahe.
 
 


 
 
Einen Satz, den der Diakon sagte:
 
"Matheo wird nie ein Finanzminister, wird nie ein Arzt oder Bäcker werden. Er ist jetzt ein Engel, denn er war für etwas höheres bestimmt."
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Wir hatten das Lied von Andreas Gabalier gewählt: Amoi seg´ ma uns wieder.
Dieses Lied sagte alles aus, was wir fühlten. Das wir hoffen, das wir uns wieder sehen.
 
Als die Trauerfeier vorüber war, trug mein Mann Matheos Weidenkörbchen zum Grab. Das war der schwerste Gang meines Mannes. Aber er wollte unserem Sohn diese Ehre ehrweisen, das sein Papa ihn zum Grab trägt. Wir ließen 7 Luftballons fliegen. Einer für jeden Monat den Matheo in meinem Bauch war und in unserer Mitte mit uns lebte. Einer davon löste sich schon bevor wir am Grab ankamen. Ich musste lächeln, Matheo saß bestimmt auf seiner Wolke und stibitzte sich einen Ballon viel früher. Mein Mann und ich ließen am Grab dann die restlichen 6 Ballons fliegen und verabschiedeten uns. Dies war der Moment an dem ich ohne meinen Mann zusammen gebrochen wäre. Ich spürte wie die Kraft meinen Körper verließ. Mein Mann stützte mich und hielt mich ganz fest.
 
 
Als das Grab zugeschüttet war gingen wir allein noch einmal zu Matheo um unser Windrad aufzustellen.
 

 
 
 
 
Innerhalb einer Woche wollten wir sein Grab fertig dekorieren. Dies war alles was wir tun konnten um unserer Liebe Ausdruck zu verleihen.
 





 
Im Internet gibt es bei eBay einen Anbieter der wundervolle Kerzen mit Namen versendet. Diese haben wir für Matheo gekauft. Seinen Namen zu lesen war uns so wichtig. Es war für uns ein Ausdruck dafür, das es ihn wirklich gegeben  hat. Denn für viele Menschen existieren Sternenkinder nicht wirklich. Sie waren da aber zu kurz. Kaum einer hat ihn gesehen im Krankenhaus, keiner kam mit Babygeschenken zu uns um seine Ankunft zu feiern wie es normalerweise gewesen wäre. Für viele hat er nie existiert als richtiger Mensch. Aber für uns... und sein Name ist überall Präsent.
 
 
 
 
 
  
 


 Ich werde aussehen, als sei ich tot,
doch es wird nicht wahr sein.

Mein Körper wird hier bleiben wie eine alte verlassene Hülle. Man muss nicht traurig sein wegen solch alter Hüllen …

(Saint Exupery, Der kleine Prinz)